Deshalb hält Brunnengräber es für sinnvoll, über Kompensationsmaßnahmen nachzudenken: „Ich meine allerdings Kompensation nicht in dem Sinne, dass die Bevölkerung vor Ort gekauft wird – Kompensation muss im Dialog mit der Bevölkerung entwickelt werden. Kompensation darf keine Gießkanne sein, mit der Geld von oben auf die Bevölkerung gegossen wird.” In Frage kämen beispielsweise Steuerentlastungen, Infrastrukturmaßnahmen oder öffentliche Güter (wie z.B. Schulen und Schwimmbäder). Optionen, die diskutiert werden und zumindest einen kleinen Schritt zu mehr Gerechtigkeit bedeuten könnten.
Gerechtigkeit ist allerdings nicht der einzige Faktor, der bei den Debatten eine Rolle spielt. Zwar wird immer wieder betont, dass die Auswahl des Standorts auf einem wissenschaftsbasierten Prozess beruhen werde. Ein wissenschaftsbasierter Prozess soll garantieren, dass alle Entscheidungsgrundlagen in der Endlagersuche überprüfbar und nachvollziehbar sind und somit auch eine erhöhte Akzeptanz des Verfahrens und des finalen Standorts ermöglichen. So ist es gesetzlich vorgeschrieben.
Und doch fließen auch jetzt schon politische und gesellschaftliche Interessen in die Debatten ein. „Am Ende wird es eine Mischung aus einer wissenschaftlichen und einer politischen Entscheidung sein”, sagt Brunnengräber. Letztlich wird sich beweisen müssen, dass wissenschaftsbasierte Faktoren gegenüber einer politischen Motivation bei der finalen Entscheidung ausschlaggebend sein müssen. Andernfalls dürfe das Endlager kaum auf Akzeptanz stoßen. Ein Beispiel hierfür benennt der Politikwissenschaftler mit der damaligen Festlegung auf Gorleben als Endlagerstandort: „Das war eine politische Setzung, die nicht auf wissenschaftlichem Kenntnisstand beruhte. In der zukünftigen Standortsuche muss das besser gemacht werden.”