„Die Luft, die wir atmen, unsere Nahrungsmittel und unser Trinkwasser kommen aus der Natur“, verdeutlicht Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums, die Relevanz von Vielfalt für uns Menschen. Sie hält diesen Negativtrend für problematisch: „Biodiversität ist unsere Existenzgrundlage.“
Biodiversität ist deshalb existenziell, weil die Natur uns Menschen kostenlos Güter bereitstellt – sogenannte Ökosystemleistungen. Das können materielle Leistungen, zum Beispiel Trinkwasser, kulturelle Leistungen wie Erholungsmöglichkeiten und regulierende Leistungen, zum Beispiel Kohlenstoffspeicherung oder Klimaregulierung, sein.
Die Relevanz von biologischer Vielfalt ist zuletzt auch im Zusammenhang mit der Coronapandemie besonders deutlich geworden. Jun-Prof. Dr. Lisa Biber-Freudenberger, Leiterin der Forschungsgruppe LANUSYNCON am Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn und nationale Expertin für den IPBES, erklärt den Zusammenhang zwischen Biodiversitätsverlust und Zoonosen: „Wenn die Menschen ihre Lebensräume weiter ausbreiten, steigt die Interaktion mit wildlebenden Tieren weiter an. Das kann zur Übertragung von Krankheiten und somit zu mehr Pandemien führen.“
Ursachen und Maßnahmen
Der Weltbiodiversitätsrat hat fünf Hauptursachen für den Biodiversitätsverlust identifiziert: Die größten Ursachen für den Rückgang biologischer Vielfalt sind die Abholzung von Wäldern und intensive Landnutzung für die menschliche Ernährungssicherung sowie die Ausbeutung von Arten, beispielsweise durch Überfischung. Darüber hinaus sind aber auch der Klimawandel, Umweltverschmutzung und das Einwandern invasiver Arten Haupttreiber für Biodiversitätsverlust.
Insbesondere die Landnutzung und Ausbeutung von Arten sorgt dafür, dass sich Ökosysteme verändern. Böhning-Gaese erklärt, dass gerade diejenigen Tiere von Menschen gejagt würden, die Samen von bestimmten Bäumen über weite Distanzen tragen und damit dazu beitragen, diese zu vermehren. „Verschwinden diese großen Samenausbreiter, wachsen vermehrt Bäume, die nicht darauf angewiesen sind. Diese sind in der Regel deutlich kleiner, haben weniger dichtes Holz und können damit weniger Kohlenstoff speichern.“ Dies wirke sich negativ auf den Klimawandel aus, so die Biologin. „Auch der Verlust weniger Arten kann große Effekte haben. Aber das ist ein schleichender Prozess, bei dem meist keine genauen Kipppunkte ausgemacht werden können.“