1. Was ist Biodiversität?
Der Begriff Biodiversität bezeichnet die Vielfalt aller lebenden Organismen, Arten und Ökosysteme im Wasser, an Land und in der Luft. Es umfasst damit nicht nur die Vielfalt unterschiedlicher Arten oder innerhalb einer Art (taxonomische Diversität), sondern auch die Vielfalt innerhalb eines Lebensraums (genetische Diversität) und die Vielfalt an Ökosystemen und deren Funktionen (ökologische und funktionale Diversität). (siehe Max-Planck-Gesellschaft, nach UN-Biodiversitätskonvention)
2. Was ist Biodiversitätsverlust? Wie viele Arten sind ausgestorben?
Biodiversitätsverlust meint den Rückgang der Artenvielfalt und die Zerstörung von Ökosystemen. Da Forschende bisher nur schätzen können, wie viele Arten es überhaupt auf der Welt gibt, ist es schwer zu beziffern, wie viele ausgestorben sind. Laut einer globalen Studie des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) von 2019 sind aktuell eine Million von geschätzten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.
Eine Befragung von Biodiversitätsforscher*innen auf der ganzen Welt unter der Leitung der Universität Minnesota hat im Sommer 2022 ergeben, dass etwa ein Drittel aller Arten in den vergangenen 500 Jahren vom Aussterben bedroht waren oder bereits ausgestorben sind. Das umfasst auch das Sterben von ganzen Ökosystemen: So ist die Artenvielfalt in den Korallenriffen seit den 50er-Jahren um mehr als 60 Prozent geschrumpft, so eine Studie der University of British Columbia . Das alles wird als der Beginn des sechsten Massenaussterbens bezeichnet. Forschende konnten bereits einige Aussterbeereignisse in der Erdgeschichte rekonstruieren. Bei fünf davon sollen mehr als 75 Prozent der Arten ausgestorben sein, deshalb werden sie als die fünf großen Massenaussterben bezeichnet. Das aktuelle Artensterben vollzieht sich, laut IPBES, zehn bis mehrere hundert Mal schneller als die Aussterbeereignisse in den vergangenen zehn Millionen Jahren.
3. Welche Arten sind besonders gefährdet?
Laut der Befragung von 2022 schätzten Expert*innen von Süßwasserökosystemen, Amphibien, Säugetieren und Süßwasserpflanzen den Verlust von Arten am höchsten ein. In tropischen und subtropischen Gebieten seien die meisten Arten gefährdet oder vom Aussterben bedroht. In Deutschland ist die Zahl der Fluginsekten innerhalb von knapp dreißig Jahren (1989 – 2016) um 75 Prozent zurückgegangen, so eine Studie von 2017.
4. Warum sterben so viele Arten aus?
Laut dem Weltbiodiversitätsrat treibt die Land- und Wassernutzung den Biodiversitätsverlust am stärksten voran. Hier steht vor allem die Landwirtschaft im Mittelpunkt – in tropischen und subtropischen Gebieten werden für Landwirtschaft meist Wälder abgeholzt. In Europa trägt vor allem die Umwandlung von Grasland in Nutzfläche und die starke Düngung und Verwendung von Pestiziden zum Artensterben bei. Danach folgt die direkte Ausbeutung von Organismen, also etwa die Überfischung der Meere. Der dritte große Treiber ist die Klimakrise – denn viele Arten können sich nicht so schnell an das sich verändernde Klima anpassen und sterben deshalb aus. Als indirekte Faktoren nennt der IPBES unter anderem die globalen Konsum- und Produktionsmuster.
5. Was kann der Verlust einer Art für ein Ökosystem bedeuten?
Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist das sogenannte Bienensterben. Forschende aus den USA und Kanada fanden in einer Studie von 2020 heraus, dass der sinkende Bestand an Wildbienen den Ertrag der Obst- und Gemüseernte in Nordamerika erheblich gefährdet. In einem Ökosystem hängen alle Arten zusammen und bedingen sich gegenseitig. Doch die Forschung lernt hier einige Zusammenhänge gerade erst kennen – vieles ist noch unbekannt. Forschende des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie stellten fest, dass das Einbringen einer Mischung aus drei bis fünf Bodenbakterien-Arten Pflanzen vor einem Pilz schützen kann. Selbst die kleinsten Lebewesen können sich also auf ganze Ökosysteme auswirken.
6. Warum ist der Biodiversitätsverlust für die Menschen ein Problem?
Die sogenannten Ökosystemleistungen, wie die Bereitstellung von Nahrung, Trinkwasser und Sauerstoff oder die Regulierung von Klima und Umweltverschmutzung, sind abhängig von einer gesunden Biodiversität und haben in den vergangenen Jahrzehnten bereits stark abgenommen. Laut IPBES werden allein 10 000 Arten direkt zur Ernährung verwendet. Weniger Biodiversität schadet der Landwirtschaft, da vielfältige Organismen Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen schützen können. 25 Prozent der Agrarflächen sind durch die Folgen des Artensterbens, laut Leopoldina, bereits zu unfruchtbarem Brachland geworden. Forschende schätzen die Kosten des aktuellen Artensterbens auf vier Billionen US-Dollar jährlich.
Zudem fördert das Eingreifen in intakte Ökosysteme sogenannte Zoonosen, also die Übertragung von Krankheiten von Tieren auf den Menschen und umgekehrt. So fordert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine “Pandemieprävention durch Biodiversitätserhalt”.