Sie fordern, dass die Natur als Rechtssubjekt anerkannt wird. Wo liegt juristisch der Unterschied, wenn die Natur nicht mehr wie bisher als Objekt, sondern als Subjekt bezeichnet wird?
Die aktuelle Regelung, die Natur als Objekt zu definieren, ist sehr statisch. Es gibt nur einen aktiven Akteur im deutschen Umweltverfassungsrecht: den Staat. Er schützt nach Art. 20a des Grundgesetzes die Umwelt. Dieser Schutz erfolgt allein objektiv-rechtlich. Das bedeutet: Niemand hat einen subjektiven Anspruch darauf, dass die Umwelt auch wirklich geschützt wird, weder die Bürger*innen noch die Natur selbst. Das ist letztlich die Funktion von subjektiven Rechten: Die Rechtsordnung im eigenen oder fremden Interesse, etwa im ökologischen Interesse, in Bewegung zu setzen. Und das fehlt im Umweltverfassungsrecht. Die Natur oder Tiere haben keine eigenen Rechte, die sie selbst oder Vertreter*innen für sie einklagen könnten. Bisher können sich Menschen zwar mit Blick auf ökologische Probleme und Naturzerstörung auf ihre Grundrechte auf Leben und körperliche Gesundheit sowie die Eigentumsgarantie berufen. Doch in der verfassungsrechtlichen Praxis war dies bisher nicht sehr erfolgreich. Deshalb brauchen wir ökologische Rechte, wie beispielsweise ein Recht auf ökologische Integrität, also auf eine intakte Umwelt und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Ein weiteres zentrales Problem, das sich aus dem Objektstatus der Natur ergibt, ist das Fehlen der nachhaltigen juristischen Fairness. Der Nachhaltigkeitssatz soll einen Ausgleich zwischen sozialen, ökonomischen und ökologischen Interessen herstellen. Doch mit Blick auf Klagerechte ist gerade dies nicht der Fall: So kann in der Wirtschaft jede*r gegen alles klagen. Die Natur verfügt über keine Klagerechte.
Welche Wege gibt es in Deutschland, die Natur als Rechtssubjekt anzuerkennen?
Eine Möglichkeit wäre, dem Vorbild von Ecuador zu folgen. Dort wurden 2008 die Rechte der Natur anerkannt – sie wird als Rechtssubjekt verstanden. Die Natur wird dabei als Einheit, also als großes Ökosystem, begriffen. In der ecuadorianischen Verfassung ist zudem festgehalten, dass jede*r im Sinne der Natur klagen kann, und zwar weltweit. Also auch Sie und ich. Das könnte so auch in Deutschland umgesetzt werden. Dafür müssten im Grundgesetz nach dem Artikel 20a, der die Natur als Objekt definiert, weitere Regelungen eingeführt werden, um das ökologische Konzept der ecuadorianischen Verfassung auch im Grundgesetz umzusetzen. Dadurch würde die Natur allgemein als Rechtssubjekt gelten.