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Wie steht die Politik zur Legalisierung von Cannabis?

Statements der Parteien zur Legalisierung von Cannabis

Ob in der Medizin oder als Droge – über die Nutzung von Cannabis wird nicht nur in den Medien oder auf der Straße diskutiert. Auch in der Politik ist das Thema Cannabis angekommen, wobei hier vor allem über die Bedingungen für eine mögliche Legalisierung diskutiert wird. Wir haben die Parteien im Bundestag um Statements zum Thema gebeten und Antworten der Fraktionen erhalten.

„Eine kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken würde zudem über 19.000 Arbeitsplätze in Deutschland schaffen.“

Dr. Wieland Schinnenburg, FDP

Dr. Wieland Schinnenburg, Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, spricht sich für eine Legalisierung von Cannabis aus und verweist dabei ausdrücklich auf die Kosten, die sich durch den aktuellen Umgang mit Cannabis ergeben: „Die Prohibition von Cannabis zu Genusszwecken führt in Deutschland einerseits zu Kosten, etwa durch die Strafverfolgung von Anbau, Handel und Konsum sowie zu Einnahmeausfällen etwa bei Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und anderen Steuersätzen.” Die Legalisierung von Cannabis könnte dagegen, so Schinnenburg, aber erhebliche finanzielle Vorteile für den Staat mit sich bringen: „Eine kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken würde zudem über 19.000 Arbeitsplätze in Deutschland schaffen, die für rund 145 Millionen Euro Lohnsteuereinnahmen sorgen würden.” Ziel sei es dabei „[d]iese zusätzlichen Mittel […] für Prävention von Missbrauch und Abhängigkeit von Cannabis, Aufklärung über Konsum von Cannabis und Forschung zu medizinischem Nutzen der Pflanze” einzusetzen.

„Jetzt ist es an der Zeit auch die grundsätzliche Umsteuerung in der Drogenpolitik im Hinblick auf Cannabis ernsthaft anzugehen.“

Dirk Heidenblut, SPD

Dirk Heidenblut, Mitglied der SPD-Fraktion im Bundestag sowie des Ausschusses für Gesundheit, befürwortet ebenfalls eine Legalisierung. Dabei macht er insbesondere auf gesundheitspolitische Aspekte aufmerksam: „Jetzt ist es an der Zeit auch die grundsätzliche Umsteuerung in der Drogenpolitik im Hinblick auf Cannabis ernsthaft anzugehen. Die Facharbeitsgruppen der SPD Bundestagsfraktion haben sich Ende 2018 erfreulicherweise auf ein gemeinsames Grundsatzpapier verständigt, mit dem erste Schritte hin zur kontrollierten Legalisierung gefordert werden.” Kritisch steht er auch dem aktuellen Umgang mit Cannabiskonsumenten gegenüber: „Die derzeitige Kriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten durch die Strafbarkeit von Cannabisbesitz hat bisher weder der Prävention geholfen, noch wirksam Kinder- und Jugendschutz gestärkt. Ganz im Gegenteil, gesundheitspolitisch ist es ein Fiasko, dass so über den Schwarzmarkt unkontrollierbare und häufig versetzte Ware bezogen wird und so tatsächlich die Gesundheitsgefährdung steigt.”

„Die Grünen stehen für eine Drogenpolitik, die auf Prävention statt Repression setzt.“

Kirsten Kappert-Gonther, Bündnis 90/Die Grünen

Ähnlicher Meinung ist auch Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Drogenpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Gerade weil Cannabis insbesondere für Jugendliche gefährlich sein kann, setze ich mich für einen Paradigmenwechsel ein. Cannabis vom Schwarzmarkt ist häufig verunreinigt und mit Streckmitteln oder synthetischen Cannabinoiden versetzt. Die Befürworter der Prohibition nehmen eine unnötige Gesundheitsgefährdung der Konsumierenden in Kauf.” Sie plädiert daher für „eine kontrollierte Abgabe von Cannabis. Die Grünen stehen für eine Drogenpolitik, die auf Prävention statt Repression setzt. Gesundheits- und Jugendschutz stehen an erster Stelle.”

„Die Kriminalisierung von Cannabis nimmt Menschen ihre Selbstbestimmung.“

Niema Movassat, DIE LINKE

Auch Niema Movassat, Drogenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, sieht die Risiken der Verbotspolitik im Gesundheitsschutz: „Verbote führen nicht dazu, dass weniger Menschen Cannabis konsumieren, vielmehr sind die Folgen z.B. für den Gesundheitsschutz gravierend. Durch das Verbot gibt es keine Möglichkeit, Cannabis auf seinen Wirkstoffgehalt und die Inhaltsstoffe zu überprüfen. Wir wollen, dass Konsumierende wissen, welchen THC-Gehalt das jeweilige Produkt enthält und dass es nicht verunreinigt ist.” Als weiteren Punkt nennt Niema Movassat den Umgang mit Verbrauchern: „Zudem kritisieren wir die Kriminalisierung der Cannabiskonsumenten. Wer anstatt eines Feierabendbiers einen Joint konsumiert, sollte nicht strafrechtlich verfolgt werden. […] Die Kriminalisierung von Cannabis nimmt Menschen ihre Selbstbestimmung. Das ist mit Artikel 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar – denn dieser besagt, dass jeder Mensch selbst über sein Leben entscheiden können muss.” Daher „fordert DIE LINKE einen Neustart in der Drogenpolitik: Statt Abhängige zu bestrafen, wollen wir ihnen helfen. Und statt die gefährlichen Substanzen der Drogenmafia zu überlassen, wollen wir sie staatlich kontrollieren.”

„Für mich ist es nicht einsichtig, dass durch die Schaffung eines kontrollierten Marktes auch der Schwarzmarkt verschwinden würde.“

Stephan Pilsinger, CDU/CSU

Anders sieht das Stephan Pilsinger, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages sowie Mitglied des Ausschusses für Gesundheit. Er spricht sich deutlich gegen eine mögliche Freigabe von Cannabis aus: „Der US-Bundesstaat Colorado zeigt, welche Folgen die Legalisierung von Cannabis mit sich bringt. […] Studien aus den USA belegen, dass die Legalisierung von Cannabis mit einem deutlichen Zuwachs des Konsums verbunden ist.” Auch daran, dass eine Legalisierung Probleme des Schwarzmarktes beheben würde, glaubt er nicht. „Für mich [ist es] nicht einsichtig, dass durch die Schaffung eines kontrollierten Marktes auch der Schwarzmarkt verschwinden würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dieser sich auf die neuen Gegebenheiten schnell einstellen würde”, sagt Pilsinger.

„Eine Dauerdiskussion über die Frage, wie man Erwachsenen den Zugang zu Cannabis bequemer machen kann, ist völlig unangebracht.“

Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung

Eine Einschätzung, die auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, teilt. Sie warnt insbesondere vor den gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums: „Eine Dauerdiskussion über die Frage, wie man Erwachsenen den Zugang zu Cannabis bequemer machen kann, ist […] völlig unangebracht. Wir müssen vielmehr die Frage beantworten, wie wir früher und effektiver an Cannabiskonsumenten herankommen, anstatt ihnen ständig den Weg zum Kiffen erleichtern zu wollen.”

Die Meinungen zu einem entsprechenden Umgang mit Cannabis könnten also von den Positionen unterschiedlicher nicht sein. Zwar sprechen sich vier der sechs Bundestagsfraktionen eindeutig für eine Legalisierung von Cannabis aus, die Gründe dafür variieren jedoch stark. Während die FDP auf die finanziellen Vorteile aufmerksam macht, betonen Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und SPD die gesundheitspolitischen Gründe für eine legale Regulierung. Die Kriminalisierung der Cannabiskonsumenten wird vornehmlich von der SDP und von Die Linke kritisiert. Doch auch die Stimmen, die sich gegen eine Legalisierung von Cannabis aussprechen, sind deutlich vernehmbar. Als Grund hierfür nennen sie, dass Cannabis durch die Legalisierung verharmlost werde und der Konsum steige. Angesichts dessen, dass die Union Regierungspartei ist, ist von einer Änderung der gängigen Rechtslage zumindest in der jetzigen Legislaturperiode nicht auszugehen. Die starken Meinungsverschiedenheiten – sogar innerhalb der Koalition – zeigen aber, dass das Thema weiter spannend bleibt und es auch künftig auf der Agenda bleiben wird.

 

Anmerkung der Redaktion:

Von der AfD-Fraktion wurde bis zum Redaktionsschluss kein Statement eingereicht.

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