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CO2-Speicherung in Deutschland

Warum brauchen wir CCS und CCU?

Das Treibhausgas CO2 trägt enorm zum Klimawandel bei. Deshalb hat sich die Bundesregierung mit dem Klimaschutzgesetz vorgenommen, bis 2045 Treibhausgas-Neutralität zu erreichen. Alle CO2-Emissionen zu vermeiden, ist aber kaum möglich. In bestimmten Industriezweigen sind Emissionen nur sehr schwer bis gar nicht vermeidbar. Hier braucht es andere Strategien, wie CO2 einzufangen und zu speichern oder wiederzuverwenden. 

Das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) erlaubt bisher keine wirtschaftliche Nutzung der Technologien zur CO2-Speicherung oder Wiederverwendung. Die Menge an CO2, die transportiert und eingelagert werden darf, ist streng reguliert. Die aktuelle Bundesregierung plant das zu ändern. Im Fazit eines im Dezember 2022 erschienenen Evaluierungsbericht zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz heißt es: Die Techniken zu CCS und CCU seien ausreichend erprobt und einsetzbar. In dem Bericht werden alle vier Jahre die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen zur CO2-Speicherung zusammengetragen. Bisher fehlt aber der rechtliche Rahmen, um den Transport von CO2 und den Ausbau der benötigten Infrastruktur zu ermöglichen.

Spricht man von CO2-Speicherung, lassen sich zwei Methoden unterscheiden: Bei Carbon Capture and Storage (CCS) wird das CO2 in tiefe Erdschichten gepresst und dauerhaft gespeichert. Carbon Capture and Utilization (CCU) sieht einen Kohlenstoffkreislauf vor. Das CO2 wird als Rohstoff in anderen Industrieprozessen wiederverwendet. Das Ziel beider Technologien ist, CO2-Emissionen abzuscheiden, bevor sie in die Atmosphäre gelangen. Dafür gibt es verschiedene Wege: Bei Industrieprozessen, in der Stahl-, Zement- oder Chemieindustrie entsteht viel CO2, was direkt eingefangen werden kann. Außerdem kann das CO2, welches beim Verbrennen von Biomasse zur Stromerzeugung entsteht, verwendet werden oder direkt aus der Umgebungsluft gezogen werden. Das CO2 wird anschließend verflüssigt und zu den Speicherstätten oder zur Verwendung in der Industrie transportiert.

Carbon-Management-Strategie 2023

Welche Rolle diese Technologien in Zukunft in Deutschland spielen, soll die neue Carbon-Management-Strategie zeigen, welche die Bundesregierung im Jahr 2023 erarbeiten will. Dabei werden verschiedene betroffene Gruppen aus Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft miteinbezogen. Ziel ist es, neue Rahmenbedingungen für die zukünftige Nutzung von CO2-Speicherungstechniken zu schaffen. Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), erhofft sich eine klare Analyse der verschiedenen Technologien und Abwägung möglicher negativer Auswirkungen. Wichtig sei zudem, eine CO2-Infrastruktur bei relevanten Industrieprozessen zu planen und potenzielle Speicherstätten für CO2 in Deutschland zu prüfen. 

Für das Erreichen der Pariser Klimaziele ist die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre unabdingbar, deshalb sehe ich bei CO2-Speicherung großes Potenzial.”

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)

Für das Erreichen der Pariser Klimaziele ist die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre unabdingbar, deshalb sehe ich bei CO2-Speicherung großes Potenzial.”, so Prof. Dr. Edenhofer. Auch der ARIADNE Report aus dem Jahr 2021 kommt zu dem Schluss: Klimaneutralität bis 2045 ist nur erreichbar, wenn zusätzlich CO2 dauerhaft gespeichert wird. In den letzten Jahren gab es zahlreiche Forschungsprojekte und Pilot-Standorte zur CO2-Speicherung, wie in Ketzin.

(Klima-)Potenziale der CO2 Technologien

CCS und CCU tragen unterschiedlich zur Klimaneutralität bei. Nur wenige Technologien, um CO2 wiederzuverwenden, sind mit den Pariser Klimazielen für 2030 vereinbar. Gründe dafür sind, dass Projekte teilweise nicht schnell genug abgeschlossen werden und nicht ausreichend CO2 lang genug gespeichert wird. Edenhofer sieht vor allem in der CO2-Entnahme aus der Luft großes Potenzial: Wir brauchen CO2 aus der Atmosphäre, etwa für die Herstellung klimaneutraler synthetischer Kraftstoffe mit Wasserstoff, zum Beispiel für den Flugverkehr.” In verschiedenen Industrieprozessen kann CCS verwendet werden, um Emissionen zu verhindern, die sonst nur schwer vermeidbar sind. CCS ist die bisher einzige bekannte Option, um vermeintlich unvermeidbare Emissionen zu verhindern, die im Industriesektor anfallen. Dadurch könnten wir die Restemissionen aus diesen Industrieprozessen erheblich reduzieren – von 18 auf 8 Megatonnen CO2 pro Jahr.“, so Edenhofer.

Kritik zu den CO2-Speicherungstechnologien kommt vor allem von Seiten der Umweltverbände, wie Greenpeace. Diese befürchten, dass die CO2-Speicherung von dem eigentlichen Ziel ablenkt, Emissionen zu reduzieren. Außerdem kritisieren sie den hohen Energieaufwand, der für die Abscheidung, Verflüssigung und den Transport von CO2 anfällt. Sie befürchten, dass sich Leaks in CO2-Speicherstätten auf die Umwelt auswirken, Biodiversität und das Grundwasser gefährden könnten. Geolog*innen schätzen die Gefahr von Leaks jedoch gering ein. Die Umwelt würde dadurch wenig belastet, so Prof. Dr. Klaus Wallmann vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel gegenüber der Tagesschau

„Meine Hoffnung ist, dass die Carbon-Management-Strategie den derzeit noch sehr langsamen Entwicklungen bei der Speicherung von CO2 einen Schub gibt.”

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)

Bis diese Technologien in Deutschland genutzt werden können, gibt es noch einige Herausforderungen zu überwinden: Ist der gesetzliche Rahmen angepasst, muss die Infrastruktur, um CO2 zu transportieren, geplant und gebaut werden. Aufgrund der dichten Besiedelung in Deutschland ist es schwierig, Lagerstätten für CO2 zu erschließen, so Prof. Dr. Edenhofer. Deshalb werden vor allem Lagerstätten in der Nordsee in Betracht gezogen. Zudem wird die CO2-Speicherung bisher gesellschaftlich nur wenig akzeptiert und unterstützt. Die Bevölkerung ist verunsichert über die Risiken der Technologien, weshalb ein gesamtgesellschaftlicher Dialog sinnvoll wäre. 

Unumstritten ist, dass die CO2 Emissionen in der Atmosphäre zu langsam sinken. CCS und CCU können dabei helfen, die Klimaziele noch rechtzeitig einzuhalten. Wie eine konkrete CO2-Wirtschaft in Deutschland dann aussieht, könnte die Carbon-Management-Strategie aufzeigen. Aus der reinen Debatte um Projekte müssen wir endlich in die Umsetzung kommen.”, fordert der Ökonom Prof. Dr. Edenhofer. Seine Hoffnung ist, dass die Carbon-Management-Strategie den derzeit noch sehr langsamen Entwicklungen bei der Speicherung von CO2 einen Schub gibt.”

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