Die Gestaltung der neuen Arbeitsumgebung
Aber nicht nur für Eltern ist die Strukturierung des Arbeitstages schwierig. Für Cornelia Niessen ist sie Teil einer akuten Herausforderung, vor der alle im Homeoffice Arbeitenden stehen: die Gestaltung der neuen Arbeitsumgebung. Hierbei unterscheidet sie zwischen physischen Anforderungen, wie regelmäßige Bewegung, komfortables Sitzen und eine ruhige Umgebung, sowie kognitiven Anforderungen. „Von kognitiver Seite muss man sich überlegen, in welcher Reihenfolge man seine Tagesaufgaben bewältigt. Zu welcher Tageszeit schafft man eher komplizierte Aufgaben, wann sollte man besser Routineaufgaben erledigen?“ Vielen hilft es, eine feste Routine zu etablieren und sich morgens Ziele zu setzen, um abends zu prüfen, ob man diese Ziele auch erreicht hat.
Ebenso wichtig ist es für die Gesundheit und das Wohlbefinden, seine Arbeitszeit im Blick zu halten, bewusst abzuschalten und rechtzeitig Feierabend zu machen. „Im Homeoffice ist es ganz normal, dass die Arbeitszeit durch andere Verpflichtungen unterbrochen wird und man das Gefühl hat, nicht genug gearbeitet zu haben. Doch das ist kein Grund, sich selbst auszubeuten“, sagt Arbeitsforscherin Wolter. Im Gegenteil: Cornelia Niessen zufolge kann man durchaus die neuen Freiheiten dieser Situation für sich nutzen und die eigene Art zu arbeiten aktiv gestalten und verändern. Denn auch, wenn man weiterhin regelmäßig Kontakt zu seinen Vorgesetzten habe, müsse man sich im Homeoffice ein Stück weit selbst führen. Umso wichtiger sei es, sich von anfänglichen Konzentrationsschwächen nicht entmutigen zu lassen. Sich täglich überschlagende Eilmeldungen zu Ereignissen und Erkenntnissen über die Corona-Pandemie von oftmals existenzieller Reichweite, lassen sich – und da ist sich die Fachwelt einig – nicht einfach wegdrücken, sondern rufen negative Emotionen hervor. „Aus dem Grund fällt es schwerer als sonst, kreativ und konzentriert zu arbeiten. In der Krise sollte deshalb jeder auch Milde mit sich selbst walten lassen“, rät deshalb Arbeitspsychologin Niessen.
Trotz ihrer räumlichen Abwesenheit und obwohl man sich teilweise selbst führt, spielen Vorgesetzte bei all dem eine nicht zu unterschätzende Rolle: „In diesen Zeiten braucht es eine besondere Rücksichtnahme und ein positives Bestärken durch Führungskräfte“, sagt Stefanie Wolter. Sie müssen ihren Mitarbeitern Vertrauen entgegenbringen, dass diese ihre Arbeit trotz der ungewöhnlichen Umstände erledigen. Zugleich ist Führung auch in diesen Zeiten weitaus mehr als die Verteilung von Arbeitsaufträgen. „Kollegen stehen in Beziehungen zueinander, die aktiv gestaltet werden müssen, etwa durch neue, proaktive Kommunikationsmaßnahmen. Tür- und Angelgespräche im Büro sind wichtig und sollten beispielsweise durch virtuelle Kaffeerunden ersetzt werden“, sagt Niessen. Zumal in den meisten Fällen eine Rückkehr ins Büro zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen wird.