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Blauer Planet ohne Wasser?

Warum unsere Welt immer trockener wird

Nur ein Prozent des verfügbaren Wassers auf der Erde können wir Menschen nutzen. Doch auch dieses Wasser wird knapper. Immer mehr Regionen in der Welt sind von Wassermangel und Dürre betroffen. Auch einige Teile Deutschlands, insbesondere im Osten, leiden stark unter trockenen Böden und Waldbränden. Landkreise sprechen sogenannte „Wasserentnahmeverbote“ aus, bei denen eine Bewässerung großer Flächen oder das Auffüllen des eigenen Pools untersagt wird. Dadurch soll sowohl die Trinkwasserversorgung als auch die Bewässerung der Landwirtschaft aufrechterhalten werden.

Wasserknappheit bemisst sich daran, wie viel Wasser in einer Region pro Kopf zur Verfügung steht und stellt ein langfristiges Ungleichgewicht dar. Für eine Bemessung der Wasserknappheit wird oftmals der Wasserknappheitsindex herangezogen. Prof. Dr. Harald Kunstmann, Inhaber des Lehrstuhls „Regionales Klima und Hydrologie“ und Direktor am Zentrum für Klimaresilienz der Universität Augsburg, kritisiert, dass dieser Index die Realität nicht ausreichend widerspiegelt: „Diese Definition bemisst den Wassermangel allgemein innerhalb von Landesgrenzen, sodass regionale Knappheiten innerhalb eines Landes nicht genau erfasst werden.“ Beispielsweise habe ein Land wie Namibia per dieser Definition keine Probleme mit Wassermangel, weil die Bevölkerungsanzahl gering und pro Kopf innerhalb der Landesgrenzen aufgrund von Flüssen formal genug Wasser vorhanden sei. Die größeren Flüsse seien jedoch weit entfernt von vielen Bewohner*innen und so ist Wasser in Namibia natürlich eine sehr knappe Ressource, führt Kunstmann aus.

Regionale und globale Unterschiede

In Europa ist weniger Wasserknappheit, sondern vielmehr Dürre ein akutes Problem. Die häufigste ist die meteorologische, also die Niederschlagsdürre. Hier geht es um die Frage: Wie viel Regen fällt in einer Region im Vergleich zum durchschnittlichen Niederschlag? 

Viele Teile Deutschlands sind aufgrund von zu wenig Regen und einem zu trockenen Boden von Dürre geprägt. „Obwohl wir derzeit einen feuchteren Boden haben als zum Beispiel Spanien, ist der Unterschied zur durchschnittlichen Niederschlagsmenge in Deutschland größer als in Spanien“, erklärt Kunstmann.

„Das Wasserversorgungssystem ist in einem guten Zustand, sodass auf dem Weg in den Wasserhahn lediglich fünf bis zehn Prozent des Wassers verloren gehen.“

Prof. Dr. Jürgen Stamm, Direktor des Instituts für Wasserbau und Technische Hydromechanik der Technischen Universität Dresden

Für Deutschland gibt der Dürremonitor einen Überblick über die Bodenfeuchte und zeigt regionale Unterschiede auf. Prof. Dr. Jürgen Stamm, Direktor des Instituts für Wasserbau und Technische Hydromechanik der Technischen Universität Dresden erklärt, dass regionale Unterschiede mit der geografischen Lage und dem örtlichen Klima zusammenhängen: „In Gebirgsregionen, also vor allem im Süden, regnet es deutlich häufiger als im Norden. Im Westen regnet es häufiger als im Osten, da im Westen der Atlantik mit seiner feuchten Luft Einfluss auf das Wetter nimmt. Ostdeutschland hingegen steht vorwiegend unter dem Einfluss kontinentaler Luftströmungen aus Osteuropa, die vergleichsweise trockener sind als ozeanische. Das sorgt für ein kontinental geprägtes Klima – es bleibt deutlich trockener.“ Stamm erklärt, dass regionale Unterschiede durch ein intelligentes Wassermanagement ausgeglichen würden, das dezentrale Speicher nutze. „Das Wasserversorgungssystem ist in einem guten Zustand, sodass auf dem Weg in den Wasserhahn lediglich fünf bis zehn Prozent des Wassers zum Beispiel durch Rohrbrüche verloren gehen.“ Die Trinkwasserversorgung in Deutschland sei in Quantität wie Qualität weiterhin auf einem hohen Niveau. „Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die sinkende Wassermenge der letzten Jahre in Ostdeutschland dramatisch auf die Land- und Forstwirtschaft auswirkt“, betont Stamm.

Global betrachtet sieht es mit der Trinkwasserversorgung anders aus. Insbesondere der Mittlere Osten und Nordafrika sind von Wassermangel betroffen. Diese heißen und trockenen Regionen leiden nicht nur unter den harten geografischen Bedingungen, sondern entwickeln zudem einen wachsenden Wasserbedarf: „Wächst die Bevölkerung, wächst auch der Wasserbedarf. Da jedoch nicht automatisch mehr Wasser zur Verfügung steht, kann stetiges Bevölkerungswachstum Wasserknappheit bewirken“, so Kunstmann.

Doch Wasser wird auch verschwendet. Ein Artikel des World Resources Institute zeigt auf, dass 82 Prozent des Abwassers im Mittleren Osten und Nordafrika nicht wiederverwendet werden. Um sorgsam mit dieser Ressource umzugehen, hält Stamm eine Wasserkreislaufführung für die Industrie für sinnvoll: „Bei einer Kreislaufführung verbraucht die Industrie weniger Frischwasser und produziert auch weniger Abwasser, da das Wasser immer wieder verwendet wird.“ In Deutschland wird dieses Verfahren unter anderem in der Papierindustrie angewendet.

„Die Erderwärmung ändert den gesamten Wasserkreislauf. Wenn es wärmer wird, verdunstet mehr Wasser vom Boden und die Böden werden trockener.

Prof. Dr. Harald Kunstmann, Inhaber des Lehrstuhls „Regionales Klima und Hydrologie“ und Direktor am Zentrum für Klimaresilienz der Universität Augsburg

Änderung des Wasserhaushalts

Der fortschreitende Klimawandel begünstigt weltweit Starkregen auf der einen und Wasserknappheit sowie Dürren auf der anderen Seite. Kunstmann erklärt: „Die Erderwärmung ändert den gesamten Wasserkreislauf. Wenn es wärmer wird, verdunstet mehr Wasser vom Boden und die Böden werden trockener. Die Atmosphäre kann außerdem mehr Feuchtigkeit fassen – pro Grad Celsius acht Prozent mehr Wasserdampf.“ Wenn mehr Wasser in der Atmosphäre bleibt, kann es stärker regnen. Das erklärt zunehmende Starkniederschläge. Die Veränderung hin zum anderen Extrem, Trockenheit und Dürre, sind schwieriger zu erklären – einfache Erklärungsmodelle reichen hierfür nicht aus. Dafür seien aufwändige Computermodelle, sogenannte Erdsystemmodelle, notwendig, erklärt der Wissenschaftler. 

Auch unsere Jahreszeiten verändern sich und beeinflussen den Grundwasserspiegel: „In Deutschland bildet sich das neue Grundwasser vor allem kurz nach dem Winter. Inzwischen gibt es aber weniger Schnee, der im Boden versickern kann. Die Vegetation beginnt außerdem viel früher und Pflanzen ziehen das Wasser aus dem Boden. Deshalb kann das Schmelzwasser nicht mehr ins Grundwasser sickern“, so Kunstmann.

„Es ist notwendig, Wasser zurückzuhalten, damit es versickern und ins Grundwasser gelangen kann.“

Prof. Dr. Jürgen Stamm, Direktor des Instituts für Wasserbau und Technische Hydromechanik der Technischen Universität Dresden

Auch unsere starke Bebauung hindert den Regen daran zu versickern. In Berlin sind ca. 70 Prozent der Fläche mit Häusern und Straßen bebaut. Stamm kritisiert: „Jeden Tag werden Flächen versiegelt, sodass das Wasser nicht mehr versickern kann. Bisher sammeln wir den Regen und leiten ihn zügig ins Meer ab – das kann nicht mehr funktionieren. Es ist notwendig, Wasser zurückzuhalten, damit es versickern und ins Grundwasser gelangen kann.“ Er schlägt eine dezentrale Wasserversickerung vor. Hierzu müssen zum Beispiel Mulden angelegt werden. Anders als bei der Kanalisation wird das Wasser nicht gesammelt abgeleitet, sondern versickert im Boden. Auch Gründächer spielen in Städten eine Rolle. Das dort gesammelte Wasser kann die Luft in Städten kühlen, wenn es verdunstet. 

Beide Wissenschaftler fordern eine aktivere öffentliche Debatte zu Dürre und Wassermangel. „Die Dürre kommt stiller als ein Hochwasser, ist aber deutlich langanhaltender. Daher muss ihr mindestens genauso viel Aufmerksamkeit zukommen“, fordert Stamm. Auch Kunstmann appelliert an die Öffentlichkeit: „Unsere Wasserforschung braucht stärkere öffentliche Unterstützung. Unser Bewusstsein für das Problem ist erst durch die sehr trockenen Jahre seit 2018 gewachsen. Dieses Bewusstsein erhöht den Druck auf gesellschaftliches wie politisches Handeln stetig.“

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