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Wiederauffüllen – Was wir gegen Dürre tun können

Ein Seenforscher und eine Systemwissenschaftlerin über die wichtigsten Maßnahmen gegen Dürre

Deutschland hat in den vergangenen Jahren eine Wassermenge verloren, die etwa der des Bodensees entspricht – und gehört damit weltweit zu den Regionen mit dem größten Wasserverlust. Forschende sehen verschiedene Ansatzpunkte, wie wir uns jetzt und zukünftig gegen Dürre wappnen können.

„Wir befinden uns in einer Phase mit zu viel Hitze und zu wenig Niederschlag“, so fasst Dr. Karsten Rinke die Auswirkungen der Klimakrise zusammen, die für die zunehmende Dürre in Deutschland maßgeblich sind. Er ist Seenforscher am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Gerade Seen, die von Grundwasser gespeist werden, können als direkter Indikator für den Stand unseres Grundwassers dienen – und mit dem sind wir in der Vergangenheit nicht gut umgegangen: „Wir haben bisher so gewirtschaftet, dass möglichst wenig Wasser im Grundwasser bleibt“, kritisiert Rinke. Auch die Systemwissenschaftlerin Prof. Dr. Claudia Pahl-Wostl von der Universität Osnabrück sieht in unserem Wassermanagement ein großes Problem: „Die Auswirkungen sind gerade so stark, weil wir falsch mit Wasser umgehen. Jetzt zeigt sich die Verletzlichkeit unseres nicht nachhaltigen Systems.“ Sie kritisiert, dass jahrelang vor allem die Wasserqualität im Fokus stand. Dass aber auch die Wassermenge ein Problem werden könnte, sei lange nicht beachtet worden.

„Ich finde Wasser sparen generell gut, aber es hilft uns nicht, die Wasserkrise abzuwenden. Deshalb wünsche ich mir eine Diskussion, die unser gesamtes Wassermanagement in den Blick nimmt.“

Dr. Karsten Rinke, Leiter der Abteilung Seeforschung am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung

Aktuell erleben wir das vierte Dürrejahr innerhalb der vergangenen fünf Jahre. In einigen Regionen dürfen Menschen nun ihre Pools nicht mehr befüllen oder die Rasen nicht mehr bewässern – sie sollen Wasser sparen. Claudia Pahl-Wostl hält solche Verbote auf jeden Fall für gerechtfertigt: „Bis die Wasserwerke Verbote aussprechen ist die Lage schon sehr dringlich.“ Sie findet Wassersparen allein deshalb sinnvoll, damit der Verbrauch von Wasser uns allen mehr in das Bewusstsein rückt: „Wir sind mit dieser wichtigen Ressource in den vergangenen Jahrzehnten zu sorglos umgegangen.“ Sparen kann jedoch vor allem regional und in Spitzenzeiten lokale Wasserwerke entlasten – denn der Anteil des Wassers, der in unsere Haushalte fließt, ist, laut Umweltbundesamt, mit 21 Prozent relativ gering. Damit helfe Wasser sparen durch Privathaushalte zwar die Wasserversorgung zu stabilisieren, aber nicht die Dürre zu überwinden, so Rinke: „Ich finde Wasser sparen generell gut, aber es hilft uns nicht, die Wasserkrise abzuwenden. Deshalb wünsche ich mir eine Diskussion, die unser gesamtes Wassermanagement in den Blick nimmt.“

Grundwasserspeicher wieder auffüllen

Und das läuft bisher an vielen Stellen so: Regnet es, sammelt sich das Wasser in unserer Kanalisation oder in Drainagen und wird über Flüsse und Kanäle ins Meer geleitet. Verstärkt wird dieser Effekt in Städten, wo viele Flächen versiegelt sind. „Dadurch verlieren wir zu viel Niederschlagswasser, das ansonsten zum Auffüllen des Grundwassers zur Verfügung stände“, so Rinke. Das müssten wir nun umkehren und dafür sorgen, dass möglichst viel Wasser versickert – also langsame Abflusssysteme, wie Sickergruben fördern und schnelle Abflusssysteme zurückbauen. Dazu gehöre nicht nur, in den Städten Flächen wieder zu begrünen und Versiegelung rückgängig zu machen, sondern auch natürliche Wasserspeicher zu nutzen. So könnte durch Ansätze der Agroforstwirtschaft, also der Kombination von Ackerkulturen mit Gehölzen, mehr Wasser im Boden gehalten werden, wie Pahl-Wostl erklärt. Allerdings würden diese Flächen nach der aktuellen Gesetzeslage dann nicht mehr als Agrarflächen gelten und die Landwirt*innen würden dafür keine Subventionen mehr bekommen: „Solche falschen Anreize müssen wir ändern“, fordert die Systemwissenschaftlerin. Rinke findet es wichtig, unser Wissen zu den Grundwasserständen zu vertiefen. Es fehle an Vorhersagemodellen für die Entwicklung des Grundwassers, in denen die Nutzung durch den Menschen einbezogen sei. Am Ende gebe es auch in Zukunft ein großes Ziel: „Es muss um die Stabilisierung des Grundwassers im Sinne einer langfristig nachhaltigen Nutzung gehen.“

„Wir müssen unser Wasser ganzheitlich bewirtschaften.“

Prof. Dr. Claudia Pahl-Wostl, Professorin für Ressourcenmanagement an der Universität Osnabrück

Bessere Klärung, weniger Verunreinigung

Was die Abwasserreinigung angeht, hat Deutschland bereits einen vergleichsweise guten Umgang mit Wasser gefunden: Das meiste Abwasser kann so geklärt werden, dass es danach in Flüsse geleitet werden kann. Für das Grundwasser ist es trotzdem verloren. „Die Abwasseraufbereitung müsste in einem vollen Kreislauf gedacht werden, sodass das Wasser aus der Kläranlage wieder dem Grundwasser zugeführt werden könnte“, sagt Karsten Rinke. Denn die Verschmutzung wird in Zukunft wahrscheinlich noch zunehmen: „Wir werden in Zukunft nicht nur eine Wassermengenkrise, sondern auch eine Wasserqualitätskrise haben“, so Rinke. Laut Umweltbundesamt ist bereits heute ein Drittel des Grundwassers „in einem schlechten chemischen Zustand.“ Claudia Pahl-Wostl sieht hier auch Ansatzpunkte für jede*n Einzelne*n, denn zu der häufig vorkommenden Nitratbelastung, trage die Massentierhaltung entscheiden bei: „Jeder kann und sollte sich also fragen: Wie viel Fleisch muss ich essen?“, sagt Pahl-Wostl. Wichtig sei außerdem, keine Medikamente oder Chemikalien über die Toilette zu entsorgen. Das käme immer noch viel zu häufig vor und die Spurenstoffe können in der Kläranlage nicht entfernt werden.

Ein Schritt in die richtige Richtung: Die Nationale Wasserstrategie

Beiden Forschenden ist aber der Blick auf das große Ganze wichtiger, als auf das individuelle Handeln. „Wir müssen unser Wasser ganzheitlich bewirtschaften“, sagt Pahl-Wostl. Einen ersten Schritt in die richtige Richtung gebe es schon: 2021 veröffentlichte das Bundesumweltministerium die Nationale Wasserstrategie. Sie stellt einen Fahrplan für den Umbau und die Anpassung der Wasserwirtschaft und der Klimaanpassung des Wassersektors in Deutschland bis 2050 vor und soll den „besonderen Wert des Wassers stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken.“ Pahl-Wostl und Rinke begrüßen die Nationale Wasserstrategie. Sie enthalte sowohl die richtigen und umfassende Maßnahmen sowie eine hierfür notwendige Finanzierungsstrategie. Das Problem sehen beide jedoch in der Umsetzung: „Die Zuständigkeiten sind nicht klar und die Verwaltung in den Bundesländern – bei der die Umsetzung bei einem regionalen Thema, wie Wasser eigentlich läge – ist dafür häufig nicht ausgestattet“, so Pahl-Wostl.

Die Umsetzung ist aber umso dringlicher, da sich in Zukunft die Klimakrise verschärfen wird und unser Wasserbedarf weiter steigen wird. Rinke rechnet im schlimmsten Fall damit, das bis zu einem Drittel der landwirtschaftlichen Flächen bewässert werden müssten. Heute sind es knapp drei Prozent. Er fordert deshalb, die Wasserkrise nicht nur auf der Ebene des menschlichen Wasserverbrauchs zu betrachten, sondern den Landschaftswasserhaushalt und die daran gebundenen ökologischen Funktionen stärker in den Blick zu nehmen: „Wir müssen unseren Naturraum richtig versorgen. Dieser Wasserbedarf ist auch eine Daseinsvorsorge für uns.“

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