Foto: privat

„Immer mehr Jugendliche probieren E-Zigaretten aus”

Ein Gespräch mit Dr. Katharina Diehl

3 Kommentare

„Der steigende Gebrauch von E-Zigaretten in Deutschland ist besorgniserregend“

Wie bewerten Sie den steigenden Gebrauch von E-Zigaretten in Deutschland?

Die E-Zigarette ist eine Art Revolution für den Nikotinmarkt. Das sieht man auch an den Entwicklungen der letzten Jahre. So wurde nicht nur das Design immer weiter „optimiert“, sondern auch technisch hat die Industrie viel mehr Möglichkeiten als bei der herkömmlichen Tabakzigarette. Der steigende Gebrauch von E-Zigaretten in Deutschland ist besorgniserregend, da das gesundheitliche Risikoprofil und das Suchtpotenzial noch nicht abschließend geklärt sind. E-Zigaretten mögen als Entwöhnungsmittel hilfreich sein, nicht selten kommt es aber zu einem sogenannten „Dual Use“, also dass E-Zigaretten und Tabakzigaretten parallel genutzt werden. Zudem ist zu beobachten, dass auch immer mehr Minderjährige E-Zigaretten zumindest ausprobieren.

Wie verbreitet sind E-Zigaretten bereits unter Jugendlichen?

In unserer industrieunabhängigen Studie PrevEND (PREVenting the use of Electronic Nicotine Delivery Systems-Studie) unter 840 Schülerinnen und Schülern im Alter von 12 bis 13 Jahren zeigte sich, dass 16,2 Prozent der Befragten schon mindestens einmal eine E-Zigarette benutzt haben. Damit war der Konsum von E-Zigaretten weiter verbreitet als der Konsum von Tabakzigaretten.

 „Generell besteht die Gefahr, dass durch die E-Zigarette der Konsum von Nikotin wieder zunimmt.“

Wie groß ist die Gefahr, dass durch E-Zigaretten Jugendliche zu Rauchern werden oder dass durch den Gebrauch von E-Zigaretten eine neue Generation an Nikotinabhängigen heranwächst?

Hierbei muss man unterscheiden: Eine mögliche Katalysatorfunktion der E-Zigarette hin zum Tabakkonsum, also dem gewöhnlichen Rauchen, ist wissenschaftlich noch nicht belegt. Das bedeutet, die E-Zigarette führt nicht zwangsläufig zu einem höheren Konsum von Tabakzigaretten. Aber generell besteht durchaus die Gefahr, dass durch die E-Zigarette der Konsum von Nikotin wieder zunimmt. Hier werden zukünftige Langzeitdaten zeigen, inwieweit aus dem „Ausprobieren“ von E-Zigaretten mit Nikotin unter Jugendlichen ein Langzeitgebrauch – und damit eine mögliche Sucht – entsteht.

Zur Person

Dr. Katharina Diehl leitet das Programm „Jugend & Gesundheit“ am Mannheimer Institut für Public Health der Universität Heidelberg. Die Soziologin lehrt unter anderem im Bereich „Prävention und Gesundheitsförderung“.

Debattiere mit!

Deine Emailadresse wird nicht veröffentlicht.

3 Kommentare

  • Ralf St.

    28.07.2017, 21:51 Uhr

    Ich denke hier besteht kein wirkliches Interesse der Autorin an einer Diskussion, da „Normalsterblichen“ der Zugang zur Studie verwehrt ist:
    „Kaufen Sie diesen Artikel – DOI 10.1024/0939-5911/a000424 (nur online): EUR20.00“

    Auffällig ist nur, das im Abstact zum Artikel darauf verwiesen wird das die angegebenen Werte bereits die einmalige Nutzung enthalten. Meine persönliche Erfahrung zeigt das Kinder und Jugendliche verschiedene Dinge ein- oder zweimal probieren, oft unter gruppendynamischem Druck, und danach nicht mehr verwenden.
    E-Dampfgeräte gehören dabei zu den weniger gefragten Objekten, da die, die Jugendliche ggfs. interessieren noch könnten (Cloudchasing-Devices, Trickdampfen) zum einen sehr anspruchsvoll in der erfolgreichen Handhabung sind und zum anderem extrem hochpreisig ( >>200€) sind.

  • Mondragor

    16.10.2017, 13:34 Uhr

    Sehr geehrte Frau Dr. Diehl, hallo Debatte-Redaktion.

    Meines Erachtens ist der Suchtgefährdungsfaktor von E-Zigaretten sehr viel geringer als der von Tabakzigaretten. Denn die Stoffe, die in einer Zigarette auf Tabakbasis enthalten sind, beschleunigen und verschlimmern eine Suchtwirkung des Nikotins unheimlich stark. Realistisch betrachtet glaube ich, dass kaum ein Mensch behaupten kann, er hätte nie einmal einen Zug von einer Tabakzigarette probiert.

    Die Frage ist ja nicht, ob das je versucht worden ist, sondern was davon bleibt. Natürlich ist anzustreben, dass ein Kind nicht mit Nikotin in Berührung kommt, genausowenig wie mit Alkohol, anderen Drogen, Waffen, Fremdenhass und Gewalt.
    Dass Elektrozigaretten teils für wenige Euros in „1-€-Märkten“ zu haben sind und offenbar dort auch die Kontrollierte Abgabe an ausschließlich Erwachsene nicht so streng genommen wird, mag fördern, dass Kinder mit so etwas leichter in Berührung kommen. Verbote haben Kinder, v.a. auch in Gruppen aber immer neugierig gemacht und das wird auch so bleiben, denke ich.

    Nur weil ein Kind, was mit dem Rauchen angefangen hat, vorher oder annährend zeitgleich auch mal an einer e-Zigarette gezogen hat, bedeutet das nicht, dass die e-Zigarette daran Schuld ist. Und ganz ehrlich, es wird schwer, eine Studie anzustrengen, die sowas tatsächlich beweisen kann!

    Es gab auch früher schon rauchende Kinder und rauchende Jugendliche oder sehen Sie das anders? Jugendliche Trends sind nun einmal schwankend. Es ist Unsinn, jede Schwankung nach unten als Erfolg der Präventionsarbeit und jede Schwankung nach oben als Schuld der e-Zigaretten zu interpretieren.

    Sie können sich nicht aussuchen, wann eine statistische „Tendenz“ mal als Ihr erfolg und mal nicht als Ihr Versagen ausgelegt werden darf. Wenn Sie behaupten, dass der Rückgang rauchender Kinder einer Ihrer Erfolge sein soll, müssen Sie auch in Erwägung ziehen, dass der Anstieg ein Versagen Ihrer Arbeit ist. Natürlich – es ist dann immer leicht, die Schuld bei anderen zu suchen.

    Möglicherweise war es aber von Anfang an falsch, dass Sie sich die „Erfgolge“ auf die eigene Kappe geschrieben haben. Trends sind Trends und können nicht als zuverlässige Prognosen angesehen werden.

    Eine Zahl von unter 17 % finde ich eigentlich – bezogen auf e-Zigaretten vertretbar. Aber da die Tabak-Zigaretten einen noch schlechteren Ruf haben und noch negativer behaftet sind als die e-Zigaretten, ist vielleicht die Bereitwilligkeit der Kinder, zuzugeben, dass sie bereits einmal geraucht haben nicht so hoch? Oder standen Sie bei jedem Zug an der Zigarette / e-Zigarette daneben? Dann wäre meine nächste Frage, warum Sie nicht mal Intervention an Ort und Stelle betrieben haben.

    Sie können ferner nicht ausblenden, dass die Entwöhnung von der Zigarette über die E-Zigarette etwas dynamisches ist, ein „Dual Use“ ist daher wahrscheinlich der logische erste Schritt. Als einer von vielen, die vom Rauchen über das Dampfen ganz vom Nikotin abgekommen sind, kann ich Ihnen sagen, dass die Entscheidung, die Nikotinmenge in der e-Zigarette zu reduzieren, eine einfache Reaktion auf das sinkende Verlangen nach Nikotin war. Das Nikotin ohne die ganzen Zusatzstoffe in der Zigarette macht sich nämlich im Körper schnell unangenehm bemerkbar, wenn gewisse Dosen erreicht sind. Heute dampfe ich nicht einmal mehr.

    Insofern weiß ich nicht – besser ich kann es mir nicht vorstellen – ob es tatsächlich auch den logischen schluss gibt, dass man vom Dampfen zum Rauchen übergeht, weil man ein Verlangen nach mehr Nikotin hat. Ich glaube, wer das tut, wäre auch ohne Dampfen zum Raucher geworden. Mir persönlich ist nicht ein einziger Fall bekannt, wo jemand vom Nichtraucher über das Dampfen zum Raucher geworden ist.

    Die Anzahl derer, die vom Raucher über das Dampfen zum Nichtraucher oder nicht mehr Nikotinkonsumenten geworden sind, ist allerdings beeindruckend.

    Im Ernst, die Dampferszene ist gut gefüllt mit solchen Beispielen. Blenden Sie das doch nicht aus, sondern profitieren Sie doch von diesen Erfahrungen. Sie laufen nämlich gefahr, mit der unaufhörlichen öffentlichen Besorgnis über die e-Zigarette, den Eindruck zu vermitteln, dass diese schlimmer sei als die Tabakzigarette. Auch wenn das vielleicht nicht die vordergründige Intention ist, können Sie auf Ihre Präventive Zielgruppe, nichtrauchender Kinder eventuell diese Wirkung erzielen und diese könnten somit lieber die Entscheidung zur Tabakzigarette anstatt zur e-Zigarette treffen. Ich glaube dann könnten Sie sich selbst auf die Schulter klopfen. Ich sehe schon die Schlagzeile:

    „Hurra, endlich wieder mehr rauchende als dampfende Kinder im Alter von 12 bis 13 Jahren.“

    Fakt ist, beides sollte nicht sein. Fakt ist, dass es falsch ist, es miteinander in Relation zu setzen.
    Fakt ist, es ist falsch, die Tatsache, dass mehr Kinder an der e- als an der Tabakzigarette gezogen haben, als negativ zu bewerten. Es sollte überhaupt nicht bewertet werden.

    Fakt ist, dass Nikotin ein starkes Nervengift ist, das eien relativ geringen Suchtfaktor hat. Fakt ist aber vor Allem, dass Tabakzigaretten gezielt so konzipiert sind, dass dieser Suchtfaktor verstärkt und multipliziert wird und dass weitere Stoffe in der Zusammenwirkung mit Nikotin zu massiven Problemen bei dem Versuch der Entwöhnung führen. Weltweit werden durch die Tabakindustrie über 1000 verschiedene Zusatzstoffe eingesetzt, meinen Sie denn, das geschieht, weil man nicht weiß, wohin damit?

    Fakt ist, dass in Liquids diese Zusatzstoffe nicht vorhanden sind und ich behaupte, dass der Weg vom Nikotin weg mittels e-Zigarette leichter ist als auf den meisten anderen Wegen. Das belegt mein eigenes Beispiel und viele, die ich kennen lernen durfte. Auch wenn ich selbst nicht mehr dampfe, finde ich, sollten auch andere diesen Weg probieren, um vom Rauchen ganz weg zu kommen.

  • Michael B.

    31.12.2017, 13:59 Uhr

    Kinder und Jugendliche probieren alles. Damit meine ich nicht nur Rauchen von klassischem Tabak. Drogen, gefährliche Sportarten und andere Aktivitäten, Piercing mit der Stecknadel, etc… Alles auch wider besseres Wissen. Das ist völlig normal und kein Grund zur Panik. Erst recht nicht auf ein einzelnes Produkt bezogen.
    Regelmäßig schaut das anders aus. Also bitte bei aller Vorsicht nicht völlig natürliches Verhalten mit echten Gefahren verwechseln.

    Ich halte überhaupt gar nichts von Studien, die einmaligen oder kurzweiligen Gebrauch (probieren) in ein negatives Licht rücken. Denn das gehört zum Erwachsenwerden.

    Natürlich ist eine Studie, die nur einige einzelne echte Konsumenten nennen könnte schlecht für 20€ zu verkaufen. „Was dann passierte, ahnte niemand…“ wirkt wohl auch im wissenschaftlichen Bereich.

Mehr zu dem Thema

  • 2
  • 0
  • 4