„Wir wissen aus Fallstudien, dass Unternehmen und Haushalte in der Lage sind, sich anzupassen“, sagt Moritz Kuhn. Die Erfahrung zeige grundsätzlich, dass Verbraucher*innen und Unternehmen bei steigenden Preisen Alternativen wählen. Sie drehen die Heizung herunter, fahren weniger Auto, verbessern die Wärmedämmung, bauen effizientere Anlagen ein. „Wenn Birnen zu teuer werden, kaufe ich eben Äpfel“, fasst Kuhn das Prinzip in ein Bild. Substitution nennen dies Ökonomen. Wenn das Benzin zu teuer wird, fahren Menschen tendenziell eher Fahrrad oder verkaufen gar ihr Auto.
Es wäre kontraproduktiv, den Handlungsdruck, der durch hohe Energiepreise entsteht, durch finanzielle Hilfe vom Staat zu senken, sagt Kuhn. Denn dann verpufft er. Er plädiert dafür, nur den sozial Schwächsten finanziell während der Krise unter die Arme zu greifen. Bis zum nächsten Oktober müssten Wege gefunden werden, so viel wie möglich des Gases aus Russland zu ersetzen. Dann werden die Heizungen wieder angeworfen.
„Geht nicht, heißt, will nicht“, entgegnet er den Einwänden gegen ein Importstopp. Der Ökonom ist überzeugt, dass eine solche Krisensituation ungeahnte Potentiale freisetzen kann, vorausgesetzt, man stellt sich der Herausforderung. „Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass wir so schnell einen Impfstoff entwickeln können?“ Oder, dass Tesla innerhalb von zwei Jahren ein Werk in Brandenburg eröffnet. Kuhn wünscht sich schnellere Genehmigungsverfahren auch im Bau von Terminals für Flüssiggas sowie mehr unternehmerisches Risiko.
„Wir brauchen eine positive Sichtweise und schnelle Anpassungen.“ Deutschland hat sich ohnehin verpflichtet, zur Erreichung des Klimazieles seine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren und langfristig zu beenden. Nun muss dies eben im Turbogang geschehen. „Das ist doch eh die Richtung, in die wir wollen.“
Fest steht auch, dass es nicht allein in Deutschlands Hand liegt, eine Entscheidung zu treffen. Sollte Russlands Präsident Putin von seiner Seite aus die Lieferungen stoppen, muss die Industrie sofort anfangen mit Hochdruck umzustellen. Unabhängig davon, ob Wirtschaftsexpert*innen, Politiker*innen und Unternehmen das eigentlich für unmöglich halten.