Wie schnell wäre eine Transformation des Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien realistisch möglich?
Wir konnten feststellen, dass die Wirtschaftlichkeit in Zukunft mit einem erneuerbaren Energiesystem sehr gut erreicht werden kann. Hier liegt nicht das Problem. Das größte Problem ist in meinen Augen die Zeitachse, sprich die Schnelligkeit in der Umsetzung. Wir bauen erneuerbare Anlagen auf, aber in einem viel zu geringen Maße. Deswegen wird stetig diskutiert, dass wir die Klimaziele verfehlen werden. Durch erneuerbare Energien kann eine hohe Versorgungssicherheit erreicht werden, da diese zu großen Teilen heimisch sind. Wir haben in unserem Szenario ausgerechnet, dass die Energieimporte von ca. 90 Prozent auf etwa 20 Prozent der Primärenergie sinken würden, wenn wir auf erneuerbare Energien umsteigen.
Sind langfristig dann überhaupt Energieimporte aus anderen Ländern noch in größerem Stile notwendig?
Ja. Auf der einen Seite deswegen, weil wir aufgrund der Industrialisierung natürlich vergleichsweise viel Energie brauchen. Deutschland ist ein Industrieland und muss auch ein Industrieland bleiben – davon leben wir. Das andere ist, dass z.B. erneuerbarer Strom teilweise deutlich preiswerter im Ausland produziert werden kann als in Deutschland – beispielsweise Solarenergie in sehr sonnenreichen Ländern, wie Saudi-Arabien. Außerdem muss man immer mit möglichen Flauten rechnen, auch wenn diese sehr selten sind. Wir haben die Möglichkeit solche Flauten durch Speicherung oder zusätzlichen Bezug von Energieimporten außerhalb unserer Klimazonen auszugleichen. Eine andere Option stellt speicherbare erneuerbare Energie dar, die frei gehandelt werden kann. Diese Ausgleichsmöglichkeiten gewährleisten die Energieversorgungssicherheit in einem komplett erneuerbaren Energiesystem.
Wie bewerten Sie die bisherigen Energieimporte aus Russland vor dem Hintergrund der Energiesicherheit?
Wir haben uns über die Jahre von russischem Erdöl, Erdgas und der Kohle abhängig gemacht. Rückblickend ist das natürlich ein Fehler, dem es jetzt mit erneuerbaren Energien entgegenzuwirken gilt. Etwas so Lebenswichtiges wie die Energieversorgung muss immer ein Stück weit gestreut sein, sich allein auf die Kostenoptimierung zu konzentrieren birgt langfristige Risiken. Es ist jetzt deutlich geworden, dass wir eine andere Verteilung der Energieimporte brauchen und eine größere Energiesicherheit. Mit einer heimischen Produktion von Erneuerbaren und mit einer breiteren Erzeugungsbasis weltweit hätten die erneuerbaren Energien dafür natürlich die idealen Voraussetzungen.