Einige Verbände und Wissenschaftler*innen fordern, die Nutzung von Ackerflächen für Energiepflanzen zu reduzieren oder sogar zu verbieten, um die menschliche Nahrungsversorgung weltweit zu sichern. Leitner hält ein striktes Verbot jedoch für riskant: „Die Gefahr ist zu groß, dass man in den komplexen Wertschöpfungsketten an Stellen eingreift, die anderswo negative Auswirkungen haben.“ Die Frage sei zudem, wie schnell ein Verbot wirksam würde: „Ein Verbot verbessert die akute Situation kurzfristig nicht, da die Landwirtschaft von Anbauzyklen bestimmt wird, die nicht mit sofortiger Wirkung unterbrochen werden können.“
Auch Klepper hält ein Verbot für wenig zielführend: „Das Angebot an Pflanzenölen oder Mais bleibt gleich, wenn sich die Anbauflächen für tierische Futtermittel nicht ebenfalls ändern.“ Pflanzenöle wie Sojaöl, die essentiell für Biokraftstoffe sind, seien Nebenprodukte, die beim Anbau tierischer Futtermittel entstehen und dann für die Produktion von Biokraftstoffen verwendet werden. Bei einem Anbauverbot von Energiepflanzen stünden dann zwar wieder mehr Pflanzenöle zur Verfügung, der Großteil der Erträge würde aber weiterhin in die Fleischproduktion gehen: „Den Anbau schlicht zu verbieten, hätte keinen großen Effekt auf die menschliche Ernährungssicherung in Entwicklungsländern.“
Für eine gesicherte Welternährung hält Klepper vor allem die Reduzierung des Fleischkonsums und der Ackerflächen für den Futtermittelanbau für ausschlaggebend: „Um die Welternährung positiv zu beeinflussen, müsste man die Produktion der verschiedenen Agrarprodukte umstellen – beispielsweise von Soja auf direkt verwertbares Getreide. Das dauert allerdings Jahre.“ Auch Leitner hält den Einfluss der Biokraftstoffproduktion für weniger problematisch: „Die Nutzung von Biomasse im Energiesektor, das heißt Pflanzen zur Energiegewinnung, beeinflusst die Ernährungssituation eher auf lokaler Ebene und weniger weltweit.“ Global seien vor allem die allgemeine Verteilung von Nahrungsmitteln sowie der Verlust von Biomasse während der Lagerung entscheidende Faktoren.
Auch aus Klimaschutzgründen raten die Experten vom Anbauverbot für Energiepflanzen ab. „Wenn Kraftwerke oder ganze Industriezweige Biomasse einsetzen, dann verwenden sie keine fossilen Brennstoffe und leisten somit einen Beitrag zum Klimaschutz“, argumentiert Klepper. Leitner sieht das ähnlich, betont aber: „Der Klimaschutzbeitrag von Biomasse ist begrenzt, da nicht genug zur Verfügung steht, um vollumfänglich zu wirken. Biokraftstoffe leisten einen signifikanten Beitrag, um CO2-Emissionen in bestimmten Mobilitätsanwendungen zu reduzieren, sind aber keine universelle Lösung.“ Der Chemiker erklärt außerdem, dass Biokraftstoffe wichtig seien, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. „Für eine energetische Selbstversorgung sind die Flächen in Deutschland aber zu gering. Energie und Rohstoffe werden auch in Zukunft globale Güter sein und über nationale Grenzen hinaus gehandelt.“