Feinstaub in unserer Luft

Was versteht man unter Feinstaub und wie entsteht er?

Wenn wir einatmen, durchströmt Luft unsere Atemwege und füllt unsere Lungen mit lebenswichtigem Sauerstoff. Doch der Sauerstoff ist nicht das einzige, was wir einatmen.  Über die Luft dringen neben weiteren Gasen auch Millionen winziger, unsichtbarer Partikel in unseren Körper: sogenannter Feinstaub. Dieser gilt im Gegensatz zum lebensnotwendigen Sauerstoff als gesundheitsschädlich. Schätzungen vom Umweltbundesamt zufolge wurden allein in Deutschland im Zeitraum von 2007 bis 2015 durchschnittlich 44.900 vorzeitige Todesfälle jährlich durch Feinstaub verursacht. „Allein durch die Feinstaubbelastung ist die Lebenserwartung nach unseren Berechnungen in Deutschland für jede Person um 2 bis 3 Jahre geringer”, sagt Dr. Andrea Pozzer, der am Max-Planck-Institut für Chemie forscht.

Feinstaub ist dabei allgemein definiert als Partikel, die sich in der Atmosphäre befinden und bis maximal 10 Mikrometer groß sind. In der Wissenschaft wird Feinstaub in unterschiedliche Kategorien – abhängig von der Größe – eingeteilt. Dabei werden Partikel bis maximal 10 Mikrometer und jene bis maximal 2,5 Mikrometer unterschieden. Erstere werden durch Mund und Nasenhöhle inhaliert und gelangen bis in die Luftröhre. Die kleineren Partikel hingegen dringen tiefer in den Körper bis in die Lungenbläschen vor. Eine dritte Kategorie bildet der sogenannte „Ultrafeinstaub”, also Partikel, die nicht größer als 0,1 Mikrometer, oder umgerechnet 0,00001 cm sind. Dieser ist in seiner Wirkung noch weitestgehend unerforscht, weil es erst seit Kurzem entsprechende Messtechniken dazu gibt.

Je kleiner der Feinstaub, desto tiefer dringt er in die Lungen ein.

Marion Wichmann-Fiebig, Umweltbundesamt

„Je kleiner der Feinstaub, desto tiefer dringt er in die Lungen und in ihre tiefen Verästelungen ein, wo er sich besonders schädlich auswirkt”, sagt Marion Wichmann-Fiebig, Leiterin der Abteilung Luft vom Umweltbundesamt. „Doch nicht nur auf die Größe, sondern auch auf die Quelle des Feinstaubs kommt es an.”

Feinstaub kann dabei sowohl natürlich, als auch unnatürlich entstehen. Zu den natürlichen Quellen zählen so beispielsweise Meeresgischt oder Sandpartikel. Weitaus mehr ist jedoch anthropogen – also menschengemacht: Verbrennungsprozesse aus Verkehr, Industrie oder Privathaushalten und der Abrieb von Bremsen und Reifen. Neben diesen direkten – also primären – Quellen, bildet sich Feinstaub auch sekundär, wenn Feinstaub als chemische Reaktion aus verschiedenen Vorläufergasen wie Ammoniak, Schwefeldioxid und Stickoxid entsteht.

Während sich die Diskussion um Feinstaubbelastung oft auf den Verkehr fokussiert, ist dieser tatsächlich immer weniger das ursächliche Problem. „Die Emissionen von Schwefeldioxid und Stickoxid konnten durch die Verbesserungen der Verbrennungsmotoren in den letzten zwanzig Jahren deutlich reduziert werden”, sagt Pozzer. Wichmann-Fiebig ergänzt: „Wir haben durch den Verkehr zwar Feinstaubbelastungen durch den Abrieb von Reifen und Bremsen, aber mit der Einführung des Partikelfilters ist das wesentliche Problem längst gelöst.”

Exkurs: Dieselfahrverbote

In der Diskussion um Dieselfahrverbote wird häufig die Feinstaubbelastung in Städten angeführt. Tatsächlich wurden die Fahrverbote nur in Hinblick auf die zu hohen Werte des Stickstoffdioxids (NO2) erlassen. Grenzwerte bestehen sowohl für die Feinstaubbelastung, wie auch für die Stickstoffdioxidbelastung, wobei kein direkter Zusammenhang zwischen beiden Werten besteht.

Für Deutschland kam heraus, dass nicht der primäre Feinstaub, sondern der sekundär gebildete Feinstaub die Hauptquelle ist.”

Dr. Andrea Pozzer, Max-Planck-Institut für Chemie

In einer umfangreichen Studie hat die Forschungsgruppe um Andrea Pozzer untersucht, welche Quelle in welcher Region am meisten für Feinstaub verantwortlich ist. „Für Deutschland kam heraus, dass nicht der primäre Feinstaub, sondern der sekundär gebildete Feinstaub die Hauptquelle ist”, sagt Pozzer. Indirekt kommt dadurch der Landwirtschaft eine große Rolle zu. Denn beim Düngen der Felder und in der Viehhaltung wird vielfach Ammoniak freigesetzt. Alleine betrachtet ist dies für die Feinstaubentstehung unproblematisch. Aber in Kombination mit den Gasen Schwefeldioxid und Stickoxid führt es eben genau dazu.

„Wenn wir die Feinstaubbelastung senken wollen, ist die einfachste und effektivste Methode die Reduzierung von Ammoniak in der Landwirtschaft”, sagt Pozzer. Tatsächlich gibt es für Ammoniak, anders als für andere Schadstoffe in der Luft, keine Grenzwerte. „Nach unseren Berechnungen ließen sich in Deutschland mit einer Reduzierung der Emissionen von Ammoniak um 100 Prozent etwa die Hälfte aller durch Feinstaub verursachten Todesfälle verhindern”, erklärt Pozzer.

Wenn Kaminöfen verboten würden, wäre der Gesundheit der Menschen sehr geholfen.

Marion Wichmann-Fiebig

Auch Wichmann-Fiebig sieht die Reduzierung von Ammoniak als einen wichtigen Ansatzpunkt. Darüber hinaus sieht sie Heiz- und Kaminöfen in den Häusern und Wohnungen kritisch: „Das ist ein Sektor, der uns zunehmend Sorgen macht. Die Emissionen sind inzwischen in der gleichen Größenordnung, wie jene aus dem Straßenverkehr.” Da Feinstaub aus Ruß gesundheitsgefährdender als Feinstaub anderen Ursprungs ist, sei dieser besonders problematisch. „Wenn Kaminöfen verboten würden, wäre der Gesundheit der Menschen sehr geholfen”, sagt Wichmann-Fiebig.

Obwohl inzwischen die Feinstaubbelastung erkannt und die Einführung von Grenzwerten erste Wirkungen zeigt, bestehen gesundheitliche Bedenken weiter fort. Immerhin erfährt das Thema weitere Aufmerksamkeit: „Wir stellen fest, dass die Sensibilisierung in der Gesellschaft für das Thema zunimmt, auch wenn die gemessenen Werte in den vergangenen Jahren gesunken sind”, sagt Wichmann-Fiebig. Für sie ist das aber noch kein Grund zur Entspannung: „Dass wir die Grenzwerte oft einhalten, sollte uns nicht sonderlich beruhigen, denn Feinstaub belastet immer noch das Herz-Kreislauf-System vieler Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Deswegen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation auch deutlich schärfere Grenzwerte.”

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