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Von Grenzwerten und zielführenden Maßnahmen…

Wie lässt sich die Feinstaubbelastung am effizientesten reduzieren?

44.900 Menschen sterben in Deutschland jährlich vorzeitig aufgrund der zu hohen Feinstaubbelastung. EU-weit wurden daher Grenzwerte mit dem Ziel eingeführt, das gesundheitliche Risiko durch Feinstaub zu reduzieren. Durchschnittlich darf eine Gesamtbelastung von 40 μg/m³ für Partikel kleiner als 10 µm im Jahr nicht überschritten werden. Außerdem ist nur an 35 Tagen im Jahr ein Wert höher als 50 μg/m³ zulässig. Doch sowohl über die festgelegten Grenzwerte, wie auch über die Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung gibt es in Politik und Wissenschaft immer wieder Diskussionen.

„Die Festlegung solcher Grenzwerte ist immer ein Kompromiss, da sie durch einen komplizierten Prozess unter Beteiligung vieler Institutionen zustande kommen”, sagt Dr. Wolfgang Frenzel vom Institut für technischen Umweltschutz an der TU Berlin. Denn bei Feinstaub gibt es keine untere Schwelle, ab der eine Belastung als nicht mehr gesundheitsschädlich einzustufen wäre. Dies gilt auch für Ultrafeinstaub, für den bislang überhaupt keine Grenzwerte existieren.

„Es gibt Quellen, die nicht vermieden werden können. Aufwirbelungen von Grobstaub in der Landwirtschaft, Meeresgischt oder flüchtige organische Verbindungen aus dem Wald sind nennenswerte Beispiele.”

Prof. Dr. Alfred Wiedensohler, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung

Darüber hinaus sei eine komplette Vermeidung von Feinstaub gar nicht möglich: „Es gibt Quellen, die nicht vermieden werden können. Aufwirbelungen von Grobstaub in der Landwirtschaft, Meeresgischt oder flüchtige organische Verbindungen aus dem Wald sind nennenswerte Beispiele. Wir sprechen in diesem Fall von der natürlichen Grundbelastung”, sagt Prof. Dr. Alfred Wiedensohler vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung. Für Lissabon beispielsweise sind Feinstaubbelastungen von 20 bis 25 μg/m³ allein aufgrund der Nähe zum atlantischen Ozean und zur Sahara nicht unüblich.

Die geographisch bedingten Unterschiede werden in den Richtlinien der EU allerdings nicht beachtet. Es gelten die gleichen Grenzwerte für alle Länder. Ob diese eingehalten werden, kontrolliert ein europaweites Messnetz. Das fußt auf der europäischen Richtlinie von 2008: Ihr zufolge muss die Feinstaubbelastung insbesondere auch an verkehrsreichen Straßen gemessen werden. Diese Messstellen sollen repräsentativ für alle Straßen mit vergleichbaren Verkehrsaufkommen sein.

„Besser abgestimmte grüne Wellen und ein allgemein besserer Verkehrsfluss können zu einer Einsparung von 10 bis 15 Prozent führen.”

Dr. Wolfgang Frenzel, Institut für technischen Umweltschutz an der TU Berlin

Wiedensohler und sein Team haben überprüft, ob der Standpunkt einer Messstation die Belastung auf der ganzen Straße widerspiegelt. „Die Messungen werden professionell durchgeführt und sind methodisch korrekt”, sagt Wiedensohler. Die gewonnenen Daten zeigen auch, dass es kaum einen Unterschied macht, an welcher Stelle man an einer Straße die Feinstaubbelastung misst. An verkehrsberuhigten Straßen hingegen ist die Luft meistens bei Weitem sauberer als an vielbefahrenen Straßen. „Im sogenannten städtischen Hintergrund kann die Feinstaubbelastung teilweise nur halb so hoch sein”, sagt Wiedensohler. Wetterlagen spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Feinstaub, weswegen die Feinstaubbelastung nicht zwingend da zu Tage tritt, wo sie emittiert wird. So können bei Ostwindwetterlagen Emissionen aus Osteuropa – vor allem aus Polen und Weißrussland – nach Berlin, Leipzig und Dresden getragen. Die Feinstaubwerte sind in diesen Regionen folglich gestiegen, ohne dass die Ursache in Deutschland lag.

Falls die Messungen der staatlichen Messstationen ergeben, dass die Grenzwerte nicht eingehalten wurden, stehen der Politik und Verwaltung unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung. Hierbei liegt der aktuelle Fokus der Politik vor allem auf den Minderungspotentialen im Straßenverkehr. Von den Experten werden Maßnahmen im Straßenverkehr durchaus positiv bewertet. „Die Umweltplakette hat in Leipzig dazu geführt, dass die Ultrafeinstaub- und Rußkonzentration in den vergangenen sieben Jahren um 50 Prozent gesenkt wurde”, sagt Wiedensohler.

Sein Kollege Frenzel sieht auch das Herabsenken der Maximalgeschwindigkeit auf deutschen Straßen als eine mögliche politische Intervention. Diese Maßnahme würde nicht nur den Ausstoß von Feinstaub aus dem Auspuff verringern, sondern auch dafür sorgen, dass weniger Straßenstaub aufgewirbelt wird und Bremsmanöver in geringerem Maße Reifenabrieb verursachen. „Besser abgestimmte grüne Wellen und ein allgemein besserer Verkehrsfluss können zu einer Einsparung von 10 bis 15 Prozent führen. Aber man muss auch festhalten, dass die Abgasemissionen aus dem Kfz-Verkehr aufgrund von neuen gesetzlichen Regelungen immer sauberer geworden sind”, sagt Frenzel.

„Die zielführendsten Maßnahmen gegen Feinstaub sind der Verzicht auf Verbrennungsmotoren und Holzöfen.”

Prof. Dr. Alfred Wiedensohler, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung

Andere Maßnahmen mit dem Ziel, die Feinstaubbelastung in den Städten nachhaltig zu verringern, setzen ganz woanders an. So hat auch die Feinstaubbelastung von Feuerwerkskörpern zu Silvester in den vergangenen Wochen zu Diskussionen in den Medien geführt. „Diese eine Silvesternacht entspricht 15 Prozent der Jahresbelastung durch den Straßenverkehr. Je nach Wetterlage sinken diese Werte nach Mitternacht schnell wieder ab oder bleiben zwei bis drei Stunden auf einem hohen Level”, erklärt Frenzel. Erste Stimmen fordern daher ein komplettes Verbot von Silvesterfeuerwerk

Bei all den Diskussionen um die Feinstaubbelastung kommt es also neben möglichen Maßnahmen auf die politische Festlegung von Grenzwerten an, die nicht immer den absoluten gesundheitlichen Standards entsprechen. Langfristig betrachtet sind sich die Experten einig, dass die Luft seit Beginn der Industrialisierung konstant sauberer geworden ist. Eines ist allerdings klar: Die Belastung kann niemals auf null reduziert werden. Gleichzeitig gilt die Regel, dass jeder Einzelne und die Politik als Ganzes Feinstaub reduzieren sollte, damit die Lebensqualität erhöht und die Lebenserwartung nicht gemindert wird. Wer selbst weniger Feinstaub ausstoßen möchte, dem rät Wiedensohler: „Die zielführendsten Maßnahmen gegen Feinstaub sind der Verzicht auf Verbrennungsmotoren und Holzöfen.”

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