Wie beschäftigt sich Wissenschaft mit Integration?
Es bringt uns nicht weiter, Integration – was ein politisches Tool ist – nur auf Migranten zu denken. Es behindert uns, die stark desintegrativen Prozesse in unserer Gesellschaft adressieren zu können. Und die sehen so aus, dass wir eine zunehmende Ungleichheit und zunehmend desintegrierte Regionen, zunehmend Menschen in unserer Gesellschaft haben, die das Gefühl haben, nicht gehört zu werden, nicht Teil zu sein. Insofern bleibt uns nichts anderes übrig als den Begriff auszuweiten und postmigrantisch zu denken – also nicht mehr nur gekoppelt an Migranten, sondern auf die gesamte Gesellschaft ausgeweitet.
Woher kommt die enge Sichtweise?
Die enge Kopplung von Integrationsforschung und Migrationsforschung ist etwas sehr deutschlandspezifisches. Das liegt auch daran, dass Deutschland so lange geleugnet hat ein Einwanderungsland zu sein und sich dementsprechend auch in seiner Forschungsperspektive nicht so aufgestellt hat. Andere Länder sind in der Hinsicht, dass Migration eine globale Normalität darstellt, schon sehr viel weiter und konnten dementsprechend die Gesellschaft nicht mehr in Migranten und Nicht-Migranten unterteilen, wenn schon 30 Prozent der Gesellschaft irgendwann mal migriert war. Der hier angesprochene Paradigmenwandel ist aber nicht heute das Momentum, sondern etwas, wovon die Wissenschaftler Bade und Bommes schon vor zehn Jahren gesprochen haben – es ist nur nicht in die Gesellschaft eingesickert.