Welche Rolle spielt die Inszenierung in der Kriegsberichterstattung?
Jedes Bild ist irgendwie eine Inszenierung. Jeder, der ein Bild auswählt, macht sich Gedanken darüber, was er abbilden möchte und auch über die ethischen Komponenten, die gelten. Hier gilt es vor allem die Anonymität und Würde der Opfer und ihrer Angehörigen zu bewahren. Trotzdem besteht natürlich die Pflicht, Grauen und Schrecken zu dokumentieren. Die Berichterstatter sollen hier ja sehr bewusst den Finger in die Wunde legen. Hier gibt es bestimmte Bilder, die Geschichte geschrieben haben und unsere Wahrnehmung stark beeinflussen.
Wenn man beispielsweise an das Bild von Phan Thi Kim Phuk aus dem Vietnamkrieg denkt: Hier wird immer wieder beschrieben, dass dieses Bild des nackten Kindes nach dem Napalm-Angriff dazu beigetragen hat, eine politische und gesellschaftliche Debatte loszutreten und diese hat dann irgendwann dazu geführt, den Krieg zu beenden. Ein weiteres solches Bild stammt aus der aktuellen Flüchtlingskrise, auf dem der tote Körpers des Flüchtlingsjungen Alan Kurdi am Strand zusehen war und die Debatte rund um die Behandlung von Flüchtlingen befeuert hat. Das sind Beispiele dafür, dass Bilder einen sensibilisierenden und aufklärerischen Charakter haben und selbst Politik machen. Mir ist dabei aber wichtig, dass dabei keine Schockbilder und vor allem eben keine Bilder von Gesichtern gezeigt werden. Da gilt es ethische Dinge zu beachten.
Welchen Einfluss hat der technische Fortschritt und die Digitalisierung auf die Berichterstattung?
Dadurch hat sich vor allem verändert, wer die Nachrichten produziert. Die klassischen Medien haben ihr Monopol verloren, da jeder, der ein Smartphone dabei hat und sich in einer Krisenregion befindet, darüber berichten kann. Dadurch gibt es ein sehr großes Angebot an Bildern und es wird schwieriger, die Herkunft zu überprüfen. Es gibt also eine Beschleunigung kombiniert mit einem Verlust an Überprüfbarkeit. Dadurch kann ein Seriösitätsproblem entstehen. Das sind keine besonders positiven Entwicklungen.
Gibt es eigentlich auch Friedensjournalismus?
Ja, diese Bewegung gibt es. Dort geht es darum, nicht nur dramatisierend über Kriege und Krisenregionen zu berichten, sondern einen stärkeren Fokus auf konstruktive und kontinuierliche Berichterstattung zu legen. Das halte ich für einen sinnvollen Ansatz. Da geht es um die Frage, wie Länder auf das Ende der unmittelbaren Krise reagieren und wie sie wieder aufgebaut werden. Diese Aspekte gehen in der aktuellen Sensationsberichterstattung leider unter, wären aber wichtig, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, überall herrsche Krieg.