Wie gehen Sie als Provenienzforscher in Ihrer Arbeit vor?
Ich versuche den Weg von Objekten, die im Museum ausgestellt sind, zurückzuverfolgen. Genauer gesagt, versuche ich die direkten und indirekten Sammler und diejenigen zu identifizieren, denen der Transport der Sammlungen vom Sammlungsort bis zur Küste oblag, die Rolle der Afrikaner bei der Sammeltätigkeit zu erläutern sowie die Transportlogistik (Schiffe und Speditionsgesellschaften, die in den Transport dieser Sammlungen von der Kolonie bis zum Hauptdepot in Berlin oder auch von Berlin nach Bremen involviert waren) zu untersuchen. Da meistens Hinweise auf die Herkunftsgesellschaften fehlen, habe ich vor zwei Jahren eine Forschungsreise nach Kamerun gemacht. Denn mithilfe von vergleichbaren Objekten in den Herkunftsländern kann man die Herkunft eines Objekts identifizieren. Das bedeutet, dass man in der Provenienzforschung mit den Herkunftsländern kooperieren und arbeiten muss.
Zu welchen Ergebnissen sind Sie bisher gekommen?
Was die Kamerun-Sammlung angeht, kann ich zum aktuellen Stand der Forschung sagen, dass etwa ¾ dieser Sammlung von den deutschen Kolonialoffizieren stammt. In Kamerun wurden damals viele als Strafexpeditionen bezeichnete Kriegszüge unternommen. Nicht alle der Objekte im Übersee-Museum Bremen wurden auf solchen Strafexpeditionen gesammelt, sondern auch durch Kleriker und Forschungsreisende. Aber der gemeinsame Nenner aller Expeditionen ist, dass sie vom Militär begleitet wurden, um sich die Objekte anzueignen. Ich frage mich deswegen manchmal, ob es überhaupt einen Unterschied zwischen sogenannten Strafexpeditionen und wissenschaftlichen Expeditionen gab.
Das heißt, durch die Präsenz von Militär, die immer gegeben war, ist es schwer vom Sammeln von Gegenständen zu sprechen?
Ja, die Objekte wurden geraubt. Wenn sie etwas nehmen, dass ihnen nicht freiwillig gegeben werden wird, kann man das nicht anders als Raub bezeichnen.