Wie sähe denn ein „richtiger” Umgang mit Denkmälern und Erinnerungskultur aus?
Zentral für die Bildungsarbeit im Erinnerungskontext ist immer einen Lebensweltbezug zu schaffen, damit ein Diskurs, der als „erinnerungswürdig” angesehen wird, wach bleibt. Denn um Erinnerung wach zu halten, genügen längst nicht nur historische Fakten, sondern die Erinnerung, das Gedenken muss für die Einzelnen Bedeutung erlangen, Sinn machen. Beispielsweise sollte in der Gedenkstättenpädagogik aktuell dementsprechend der Bogen von der NS-Geschichte zu den Folgen des Kolonialismus und zu Alltagsrassismus gespannt werden, um die historischen Diskurse bedeutsam für heutige Jugendliche zu machen. Erinnerungsarbeit ist immer dann nicht zielführend, wenn sie die Zielgruppe und ihre Interessen völlig außen vor lässt. Es gibt viele Facetten, in denen Erinnerungsarbeit nicht perfekt oder problematisch ist, beispielsweise wenn sie zu textlastig ist und andere Dimensionen der Auseinandersetzung außen vor lässt. Aber falsch ist sie nur dann, wenn sie überhaupt keine Resonanz erzeugt.
In der Kunstgeschichte ist das Phänomen des Ikonoklasmus bekannt – also das Zerstören heiliger Bilder und Denkmäler. Was sind die theoretischen Überlegungen dahinter, dass es immer wieder in der Geschichte zum Bildersturm kommt?
Das grundlegende theoretische Prinzip hinter Ikonoklasmus ist, dass ein Bildwerk, ein ganz starkes Zeichen für etwas wird, quasi eine Ikone für dieses wird, das vernichtet werden muss. Es kristallisiert sich im Diskurs als solches heraus und wird dann als Symbol dessen, auf das es verweist vernichtet. Insbesondere bei gestürzten Herrschern oder Machtführern, wie bei Saddam Hussein oder Lenin ist dieses Phänomen bekannt, aber auch bei Symbolen, die für ein bestimmten Regime, oder eine bestimmte Glaubensrichtung stehen. Ikonoklasmus gab und gibt es nicht nur nach Erfolgen einer Gruppierung über eine andere, sondern auch während Prozessen des Aushandelns, wie wir es aktuell in den USA ganz aktiv erleben. Dazu gibt es auch historische Beispiele: Im Zuge der Glaubensauseinandersetzung und der Entstehung der protestantischen Kirche im 16. Jahrhundert wurden von Anhängern der neuen Glaubensrichtung Abbildern von katholischen Heiligen die Köpfe abgeschlagen, um eben diese als Symbole des Katholizismus zu zerstören und damit ein Zeichen in der Auseinandersetzung zu setzen.