Bei der Roten Gentechnik – also dem Einsatz von Gentechnik in der medizinischen Forschung – verhält es sich mit der Akzeptanz anders: „Tendenziell zeigen nahezu alle Studien übereinstimmend, dass die rote Gentechnik breit akzeptiert ist. Das ist sicher wegen der Anwendung in geschlossenen Systemen und dem medizinischen Nutzen so”, sagt Dabrock. Das gilt der BfR-Studie zufolge besonders für den Einsatz der neuartigen Gentechnologien: „Genchirurgie könnte die Gentherapie effizienter machen. Dafür wird es auch akzeptiert“, so Lohmann.
Strittig ist im Bereich der Roten Gentechnik vor allem der Einsatz der Technologie in der Forschung an menschlichen Embryonen. An diesem Punkt herrschen sowohl in der Bevölkerung – wie die BfR-Studie nahelegt – als auch unter Wissenschaftlern die stärksten Bedenken. Spätestens seit in China die Forschung an Embryonen entscheidend vorangetrieben wird, ist dieser Punkt zu einem zentralen Bestandteil der Debatte über das Genome Editing avanciert.
Eine Reihe renommierter Wissenschaftler hat sich deshalb für ein vorläufiges Moratorium von Keimbahn-Veränderungen an menschlichen Embryonen ausgesprochen. Während sich einige führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – darunter auch der Helmholtz-Präsident Otmar D. Wiestler – positiv zu einem Moratorium äußern, gibt es innerhalb der Wissenschaft Befürchtungen, ein solches Moratorium stünde dem Fortschritt im Weg und würde die Wissenschaft in ihrem Bestreben Gutes zu tun einschränken.
Deutlich wird bei alledem, dass ein öffentlicher Diskurs benötigt wird, es aber an klaren und anwendbaren Regeln für den Einsatz der Genchirurgie mangelt. „Es geht darum, Regeln zu schaffen, die einerseits die Forschung nicht so sehr einschränken, dass die positiven Effekte der Technologie nicht mehr genutzt werden können, andererseits müssen aber unverantwortbare Schadensfälle möglichst verhindert werden und drittens muss die demokratische Einbettung solcher Regelsetzung bedacht werden“, erläutert Dabrock.
Die demokratische Debatte sollte aus seiner Sicht gesamtgesellschaftlich geführt werden und könne keinesfalls allein der Wissenschaft überlassen werden. Basis dieser Debatte sei aber eine Aufklärung der Bevölkerung über Funktionsweise, Risiken und Nutzen der Technologien, wie die BfR-Studie deutlich macht. Das allerdings ist keine einfache Angelegenheit, da der Fortschritt der Genchirurgie sich extrem beschleunigt. Dabrock zeigt sich überzeugt: „Jetzt ist genau die Zeit für eine ernsthafte Debatte, bevor die Wissenschaft Fakten gesetzt oder unrealistische Schreckensszenarien sich ins kulturelle Gedächtnis eingenistet haben.“