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CO2 reduzieren – aber wie?

Wie Geoengineering dabei helfen könnte

In unserer Atmosphäre befindet sich zu viel CO2 – das ist eine der zentralen Ursachen für den Klimawandel. Internationale Abkommen, wie das Pariser Klimaabkommen, setzen daher vor allem an der CO2-Reduzierung an, um die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Klassischerweise setzt man darauf, künftig weniger CO2 zu produzieren. Bisher erfolglos, weshalb verstärkt nach Möglichkeiten gesucht wird, die dabei unterstützen können, das CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Diese Ansätze sind Teil des Geoengineerings und werden gemeinhin als negative Emissionstechnologien, oder auch Carbon Dioxide Removal (CDR) bezeichnet.

„Es gibt viele Ideen, die momentan erforscht werden, um das CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Teilweise werden sie schon im kleinen Rahmen getestet”, sagt der Physiker Dr. Sebastian Sonntag vom Max-Planck-Institut für Meteorologie, der die Wirkung verschiedener Geoengineering-Methoden in Klimamodellen miteinander vergleicht. „Damit das CO2 aber auch nachhaltig der Atmosphäre entzogen wird, muss es zunächst gebunden und anschließend langfristig gespeichert werden.”

„Vor allem in Verbindung mit CDR-Technologien werden wir um den moderaten Einsatz von CCS kaum herumkommen, wenn wir die vereinbarten Klimaziele tatsächlich erreichen wollen.”

Dr. Jessica Strefler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Eine der diskutierten Methoden sieht vor, die Ozeane mit Eisenspänen als Mikronährstoff zu düngen und so ein stärkeres Algenwachstum auszulösen. Der Effekt: Die Algen würden mehr Fotosynthese betreiben und dadurch auch mehr CO2 aus der Atmosphäre binden und speichern. Zwar haben bereits mehrere Freilandexperimente stattgefunden, doch die Methode gilt als kompliziert und riskant. „Die Zusammenhänge im Ozean sind sehr komplex, sodass man weder die Effektivität, noch die möglichen Nebenwirkungen wirklich abschätzen kann”, sagt Sonntag.

Alternativ ließe sich auch die Alkalinität – also das Säurebindungsvermögen – des Ozeans künstlich erhöhen und dadurch mehr Kohlenstoff im Wasser selber speichern. Dazu würde Gesteinspulver in den Ozeanen verteilt werden, das die chemische Reaktion auslöst. In die Praxis hat es diese Methode bisher allerdings nicht geschafft. Zwar wird das Potential zur CO2-Reduzierung als recht hoch eingeschätzt, aber auch die Nebenwirkungen für das Ökosystem sind potentiell gravierend. „Mit dieser Methode würde man das gesamte chemische Gleichgewicht der Ozeane unter anderem den pH-Wert verändern und das hätte Folgen für sämtliche darin lebenden Organismen”, sagt Sonntag.

Andere Ansätze des CDR setzen hingegen auf dem Land an. So gibt es die Idee, künstliche Bäume zu schaffen, die mittels chemischer Verfahren das CO2 aus der Luft binden. Ein erstes kommerzielles Projekt der sogenannten Direct Air Capture-Technologie ist bereits im Sommer 2017 in der Schweiz zur kommerziellen Anwendung gekommen. „Die Schwierigkeit bei Direct Air Capture ist, dass die Technologie insgesamt sehr energieaufwändig und noch recht teuer ist”, sagt Dr. Jessica Strefler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Da die Direct Air Capture-Anlagen das CO2 zwar einfangen, aber nicht dauerhaft speichern können, verbindet man den Technologieansatz mit dem des Carbon Capture and Storage (CCS) – eine Technologie zum Verflüssigen und langfristigen Verpressen von CO2 in den Boden. CCS ist dabei keine eigene Geoengineering-Technologie, sondern einstmals entwickelt worden, um das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freiwerdende CO2 nicht in die Atmosphäre zu entlassen. Im Zuge der Diskussion um negative Emissionstechnologien kommt dieser Methode nun eine neue Bedeutung zu. „CCS bietet die Möglichkeit, das CO2 wirklich langfristig zu speichern und kann daher zum Beispiel Emissionen aus Industrieprozessen reduzieren”, sagt Strefler. „Vor allem in Verbindung mit CDR-Technologien werden wir um den moderaten Einsatz von CCS kaum herumkommen, wenn wir die vereinbarten Klimaziele tatsächlich erreichen wollen.”

„Der Eindruck, dass die Methoden schon einsatzfähig sind, entspricht nicht der Realität. Tatsächlich wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die CDR-Technologien die notwendigen Klimaeffekte erzielen können.”

Dr. Sebastian Sonntag vom Max-Planck-Institut für Meteorologie

Die momentan aus Sicht beider Experten prominenteste CDR-Methode der aktuellen Geoengineering-Forschung, nennt sich BECCS – Bioenergy with Carbon Capture and Storage. Auch dabei ist CCS ein wichtiger Bestandteil. So wird bei BECCS die Nutzung von Bioenergie mit der Abscheidung und Speicherung des anfallenden CO2 kombiniert. Durch den großflächigen Anbau von schnellwachsenden Pflanzen könnten diese CO2 aufnehmen und zur Energiegewinnung verbrannt werden. Gleichzeitig soll das bei der Verbrennung freiwerdende CO2 eingefangen und mittels CCS im Untergrund gelagert werden. Schon jetzt fließen die Potentiale der Methode in viele Szenarien zur Einhaltung der Pariser Klimaziele ein und erste Pilotanlagen in den Vereinigten Staaten sind bereits im Einsatz.

Doch BECCS birgt auch rein praktische Probleme. „Das große Problem ist, dass die Flächen jeweils in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelerzeugung stehen”, sagt Sebastian Sonntag. Und auch Strefler hält das nachhaltige Potential der Technologie für geringer als das momentan in vielen Modellen genutzte Potential: „Mit steigender Bioenergienutzung steigen auch die Risiken, etwa für Biodiversität, Wasserressourcen, oder Stickstoffverschmutzung.“ Das Flächenproblem betrifft dabei im Übrigen nicht nur BECCS, sondern auch die oft erwähnte Methode des Aufforstens von Wäldern, welche landläufig ebenfalls als Geoengineering-Ansatz diskutiert wird. Zwar bringt Aufforsten im großen Stile auch eine Reduzierung des CO2, aber tatsächlich lassen sich damit in der Realität kaum große Effekte für das Klima erzielen, meinen Experten.

 

Grafik: Tobias Tank/WiD

 

Auch wenn der im Oktober veröffentlichte Sonderbericht des Weltklimarats zum Einhalten der vereinbarten Klimaziele negative Emissionstechnologien als unverzichtbar ansieht, sind all diese technologischen Methoden noch weit von einer großflächigen Anwendung entfernt. „Der Eindruck, dass die Methoden schon einsatzfähig sind, entspricht nicht der Realität. Tatsächlich wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die CDR-Technologien die notwendigen Klimaeffekte erzielen können”, sagt Sonntag.

Im Angesicht dessen, da sind sich beide Experten einig, wird es gar nicht allein darum gehen, die EINE Technologie anzuwenden, sondern vielmehr alle Geoengineering-Technologien weiter zu erforschen. „Wir sollten die Forschung und Entwicklung bei allen Ansätzen vorantreiben. Denn nur so können wir zum einen mehr über die Potentiale und mögliche Risiken erfahren, und zum anderen auch langfristig auf einen Mix aus verschiedensten Technologien zurückgreifen, der die einzelnen Nebenwirkungen minimiert”, sagt Strefler.

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