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Internationale Regelungen für Geoengineering?

Rechtliche und politikwissenschaftliche Perspektiven zum Geoengineering

Politischen Bekenntnissen und verbindlichen Verträgen wie dem Pariser Klimaabkommen zum Trotz, erwärmt sich die Erde nahezu ungebremst. Immer wieder wird deshalb nach Alternativen zu klassischen Klimaschutzmaßnahmen gesucht. In dem zuletzt veröffentlichten IPCC-Sonderbericht hatte sich dieser auch mit Geoengineering befasst. „Dass der IPCC-Sonderbericht Geoengineering erwähnt, zeigt zwar eine vermeintliche Dringlichkeit, deutet aber nicht per se darauf hin, dass die Technologien auch bald tatsächlich genutzt werden”, sagt Dr. Stefan Schäfer, Forschungsleiter am Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam.

Ob Technologien, die das CO2 wieder aus der Atmosphäre einfangen (CDR), oder solche, die die Sonnenstrahlung auf die Erde reduzieren wollen (SRM): Verschiedenste Technologien werden zwar erforscht, doch tatsächlich ist eine Anwendung noch in weiter Ferne. Grund dafür ist auch, dass die Klimamodelle oftmals stark von der politischen Realität abweichen und nur hypothetische Szenarien berechnen. „Übertragen auf die reale Welt sind viele CDR-Modelle kaum umsetzbar, weil die für die Technologien benötigten Flächen in direktem Konflikt mit Agrarflächen und Flächen zum Schutz der biologischen Vielfalt stehen”, sagt Schäfer.

Auch juristisch gibt es allerhand Unklarheiten. „Es gibt keine allgemein auf Geoengineering gerichtete internationale Regelung, die den Einsatz grundsätzlich erlaubt oder verbietet”, sagt der Völkerrechtler Prof. Dr. Alexander Proelß von der Universität Hamburg. „Ob eine Anwendung tatsächlich erlaubt ist, untersucht man jeweils, indem man die einzelnen einschlägigen völkerrechtlichen Verträge und Grundsätze prüft.”

„Ich halte es nach all den bisherigen Diskussionen zu CCS für kaum denkbar, dass das Thema in den nächsten Jahren in Deutschland noch einmal auf die politische Agenda kommt”.

Dr. Stefan Schäfer, Institute for Advanced Sustainability Studies

Für völkerrechtlich eher unproblematisch hält Proelß CDR-Maßnahmen wie BECCS oder Direct Air Capture, die versuchen, das CO2 direkt aus der Luft zu filtern und zu speichern: „Diese Technologien berühren in erster Linie nationalrechtliche Fragen”. Beide Technologien beinhalten auch die Idee, CO2 unterirdisch einzulagern. Doch die Überlegungen zur Nutzung der sogenannten CCS-Technologie sind nicht neu. Vielmehr wurde in Deutschland die Technologie bereits in Zusammenhang mit CO2 aus Kohlekraftwerken längst diskutiert und politisch wie gesellschaftlich abgelehnt. Denn Kritiker befürchten, dass das CO2 aus den Lagerstätten wieder entweichen könnte. „Ich halte es nach all den bisherigen Diskussionen zu CCS für kaum denkbar, dass das Thema in den nächsten Jahren in Deutschland noch einmal auf die politische Agenda kommt,” sagt Stefan Schäfer.

Andere Geoengineering-Methoden erscheinen hingegen aufgrund existierender völkerrechtlicher Verträge kaum vorstellbar. Schließlich regelt das Völkerrecht auch die Nutzung und den Schutz eigentlich hoheitsfreier Räume wie die Ozeane, die Atmosphäre oder den Weltraum. „Wenn es beispielsweise um die Injektion von Schwefelpartikel in die Stratosphäre geht, muss man unter anderem konkret schauen, ob ein solches Vorgehen im Einklang mit den Verträgen zum Schutz der Ozonschicht oder zur Regulierung der Luftverschmutzung zu bringen ist”, sagt Proelß. Und auch andere SRM-Methoden könnten allein durch deren grenzüberschreitende Wirkung ein Fall für das Völkerrecht sein.

Eine zusätzliche Herausforderung bei der Bewertung der Technologien besteht darin, dass potentielle Risiken von Geoengineering nur schwer abzuschätzen und Schäden wie eine Dürre oder eine Überschwemmung nicht unmittelbar auf den Einsatz einer der Methoden zurückzuführen sind. „Wenn Schäden auch Jahre später und an völlig anderen Orten auftreten können, besteht darin ein sehr großes Konfliktpotential zwischen befürwortenden und ablehnenden Staaten”, so Schäfer.

„Bei den Geoengineering-Technologien ist es sehr schwer zu beweisen, dass ein eingetretener Umweltschaden auch tatsächlich das Resultat von Geoengineering ist.“

Prof. Dr. Alexander Proelß, Universität Hamburg

Juristisch berührt es insbesondere Fragen der Haftung, die üblicherweise eine kausale Beziehung zwischen der Verursachung eines Schadens und dem Schaden voraussetzt. „Bei den Geoengineering-Technologien ist es sehr schwer zu beweisen, dass ein eingetretener Umweltschaden auch tatsächlich das Resultat von Geoengineering ist”, sagt Proelß und ergänzt: „Häufig besteht deshalb bislang keine Möglichkeit, den Verursacher eines Schadens  völkerrechtlich zur Verantwortung zu ziehen”. Ein Problem, das momentan im Völkerrecht für viele offene Fragen sorgt. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team erforscht Proelß, welche Kriterien tatsächlich für die Prüfung der Zulässigkeit einer Anwendung oder eines Feldversuchs für Geoengineering herangezogen werden sollten.

Unerlässlich für den Einsatz von Geoengineering, da sind sich beide Experten einig, können daher nur international verbindliche Regelungen und Absprachen sein. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Effekte zur Eindämmung des Klimawandels – wie auch die potentiellen Umweltrisiken – nicht nur alle gleichermaßen betreffen, sondern auch von allen Staaten mitgetragen werden. Dass es solche Regelungen bald geben wird, ist allerdings unwahrscheinlich, betrachtet man die Erde als Ganzes: „In dem Moment, wo man über so globale Technologien wie das Geoengineering nachdenkt, bräuchte es auch entsprechende politischen Strukturen, um solche Entscheidungen zu treffen. Und diese sehe ich weder momentan, noch in den kommenden Jahren”, sagt Schäfer.

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