Eines ist sicher: Armut hat es immer gegeben – im Verlauf der Menschheitsgeschichte betraf sie mal größere, mal kleinere Teile der Gesellschaft. „Es gibt ganz alte Dokumente, weit vor Christi Geburt, in denen Machthaber zum Antritt ihrer Regierung verkünden, sie wollten die Armut bekämpfen”, sagt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ernst-Ulrich Huster, Evangelische Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Doch bis die wissenschaftliche Disziplin Armutsforschung entstanden und Kinderarmut als solche zum Thema in Politik und Gesellschaft geworden ist, vergingen Jahrtausende.
Verschiedene Arten der Armut wurden schon früh differenziert: Einerseits fielen Menschen durch Kriege oder Ressourcenknappheit unverschuldet in Armut, andererseits existierten Formen selbstverschuldeter Armut, erläutert Huster. Entweder im Sinne einer Bedürfnislosigkeit oder Bescheidenheit, wie unter Jesus und seinen Jüngern, oder als Folge des Müßiggangs – also aus Faulheit: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen”, wird Apostel Paulus zitiert (2. Thess. 3, 10b). Wer nicht für sich selbst sorgen konnte, war auf Unterstützung von außen angewiesen. Diese kam allerdings nicht von politischer Seite wie heute: „Das war in weiten Teilen des Mittelalters die Aufgabe der Kirchen, insbesondere der Klöster”, sagt Huster.
Renaissance, Reformation, Reorganisation
Anfang des 16. Jahrhunderts prägte unter anderem Martin Luther das neuzeitliche Verständnis von Armut: „Armut ist nun einerseits das Fehlen von notwendigen Subsistenzmitteln für den, der schuldlos in diese Lage gekommen ist, andererseits gibt es mit Luther auch diejenigen, die dem Müßiggang folgen und auf Kosten der Gemeinschaft leben wollen. Das ist eine Differenzierung, die sich bis heute gehalten hat”, erklärt Huster.
05.09.2022, 18:35 Uhr
Wir verslumen uns alle gegenseitig!
05.09.2022, 18:37 Uhr
Ja, das stimmt!