Waren arme Kinder und Jugendliche in der Pandemie dennoch stärker eingeschränkt als wohlhabende Kinder und Jugendliche?
Ja, zum Beispiel aufgrund der Wohnsituation. Ob ein Kind in einer Villa mit großem Garten und eigenem Zimmer aufwächst oder in einer beengten Wohnung, macht gerade in Lockdown-Zeiten einen wesentlichen Unterschied. Außerdem haben sich die Schulschließungen – auch wenn zunächst einmal alle Kinder davon betroffen waren – je nach technischer Ausstattung des elterlichen Haushalts unterschiedlich ausgewirkt. Auch wenn Schulen teilweise versucht haben, betroffene Kinder mit technischen Geräten auszustatten, ist dies nicht in der Breite gelungen. Es bestand also die Gefahr, dass insbesondere arme Kinder ohne eigenes Laptop oder ausreichend schnelles Internet im Homeschooling abgehängt werden.
Ist für Kinder, die in Armut aufwachsen, mit negativen Konsequenzen der Coronapandemie im weiteren Lebensverlauf zu rechnen?
Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass sich die Länge der Bildungskarriere auf das Lebenserwerbseinkommen auswirkt. Da die Schulschließungen für alle Kinder galten, stellt sich die Frage, inwiefern sie negative Auswirkungen auf das Lebenserwerbseinkommen der gesamten Kohorte haben werden. Naturgemäß ist das aktuell jedoch noch nicht abschätzbar.
Was würden Sie sich von der Politik in dieser Hinsicht wünschen?
Ganz eindeutig, dass Schulen und Kitas möglichst nicht geschlossen, sondern so lange wie möglich offen gehalten werden. Dort, wo Schließungen nicht mehr vermeidbar sind, müssen zum Ausgleich zusätzliche Lerngruppen angeboten werden.