Frau Diesing, Sie sind Stadtplanerin und Expertin für Schwammstädte. Was steckt hinter diesem Begriff?
Beim Konzept der Schwammstadt – oder einer wassersensiblen Stadtentwicklung – geht es darum, Regenwasser als Ressource zu verwenden, anstatt es in die Kanalisation abzuleiten. Mit Maßnahmen zur Versickerung, Verdunstung, Speicherung und Nutzung des Regens soll möglichst viel davon vor Ort gehalten und der natürliche Wasserhaushalt gestützt werden.
Der Senat von Berlin hat 2016 beschlossen, die Stadt wassersensibel zu gestalten und damit zur Schwammstadt umzubauen. Gab es damals einen bestimmten Anlass?
Die Klimafolgen waren in der Hauptstadt bereits spürbar: Längere Trockenperioden traten auf, Hitzetage führten zu Gesundheitsbelastungen bei den Berliner*innen und auch Starkregenereignisse sorgten für hohe Folgekosten. Insbesondere der Starkregen 2017, ein Jahrhundertereignis, bei dem rund ein Viertel des Jahresregens an gut einem Tag über der Stadt abregnete, führte zu Überflutungen von Unterführungen, U-Bahnhöfen und von Straßen. Und es kam zu Überläufen aus der Mischwasserkanalisation, wobei mit Regen verdünntes ungeklärtes Schmutzwasser in die Gewässer übergelaufen ist.
Welchen Effekt haben Schwammstadt-Elemente bei solchen Extremwetterereignissen?
Sie können deren Folgen nicht komplett verhindern, sie aber abmildern. Denn jeder Tropfen Regenwasser, der nicht im Kanal landet, trägt zur Entlastung der Kanalisation bei und beugt damit Überläufen in die Gewässer und Überflutungen im städtischen Raum vor. Mit der Vielzahl möglicher Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung kann zudem enorm viel für die Lebens- und Umweltqualität erreicht werden. Beispielsweise entsiegelt man Flächen, damit diese wasserdurchlässig werden und Regenwasser versickern und somit das Grundwasser anreichern kann. Andere Maßnahmen wie Dach- und Fassadenbegrünungen oder bepflanzte Mulden und Tiefbeete helfen, Regenwasser zwischenzuspeichern, sorgen für Verdunstungskühle und schaffen Lebensräume für Tiere und Pflanzen. In Zisternen gespeichertes Regenwasser kann für die Bewässerung des Stadtgrüns, die Speisung künstlicher Gewässer oder die Toilettenspülung genutzt werden.