Hinzu kommt: Einzelne Gruppen instrumentalisieren die Vorfälle für ihre Zwecke. Der Medienforscher Prof. Dr. Thomas Hestermann und die Strafrechtlerin Prof. Dr. Elisa Hoven analysierten für eine aktuelle Studie sämtliche 242 Pressemitteilungen der AfD aus dem Jahr 2018 zum Thema Kriminalität. Das Ergebnis: In 95 Prozent dieser Texte ging es um nichtdeutsche Tatverdächtige, die in der polizeilichen Kriminalstatistik aber weniger als 35 Prozent der Fälle ausmachen.
Nun ist ein perfekt neutraler Journalismus nicht erreichbar. Selbst, wenn sich Medienschaffende um Ausgewogenheit bemühen, wird sich der herrschende Zeitgeist immer auf Auswahl und Art der Beiträge auswirken. Auch lassen sich politische Vereinnahmungen, wie etwa im Falle der AfD-Pressemitteilungen, kaum verhindern. Doch was können Medien tun, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren? Ole Kelm hält es für wichtig, dass die Medien transparent mit ihren eigenen Richtlinien umgehen. „Sie sollten beispielsweise immer wieder erklären: Warum nennen wir die Herkunft des Täters an dieser Stelle nicht?“ Doch selbst dieses Vorgehen löst nicht alle Probleme. „Wer eine starke vorgefertigte Meinung hat, bewertet auch einen völlig objektiven Beitrag als verzerrt gegen die eigene Position“, sagt Kelm. Dieser sogenannte „Hostile Media Effect“ ist inzwischen gut belegt: Was nicht ins eigene Weltbild passt, werden einige Menschen also stets als manipulativ ansehen. „Hier wird den Medien eine zu große Verantwortung zugeschrieben“, meint Kelm. „Manche wird man selbst mit dem besten Journalismus nicht mehr überzeugen können.“