Neben der Lebenssituation vor Ort wirken sich auch Erfahrungen aus dem Herkunftsland auf das Kriminalitätspotenzial aus: Denn Befragungen und erste Untersuchungen zeigen, dass aus einigen Ländern vor allem Personen kamen, die in ihren Herkunftsländern aus benachteiligten Verhältnissen stammen oder bereits vor Ort mit Gewalt und Kriminalität in Berührung kamen. Natürlich, so die Experten, sei es dadurch erklärbar, weshalb manche Gruppierungen besonders stark auffallen. Im Gegensatz dazu zeigen erste Zahlen, dass Flüchtlinge aus Syrien beispielsweise verhältnismäßig selten als Tatverdächtige erfasst wurden – insbesondere was die Straßenkriminalität anbelangt. „Man kann die Kriminalität nicht pauschal auf die Herkunft reduzieren, sondern muss für die jeweilige Gruppe schauen, wie sie sich zusammensetzt, welche Erfahrungen die Menschen mitbringen und in welchen Lebensumständen sie sich befinden”, so Walburg.
Darüber hinaus könnte auch das Anzeigeverhalten bei Straftaten eine Rolle spielen. Denn die PKS listet eben nur die angezeigten und der Polizei bekannt gewordenen Fälle auf. Je fremder ein Täter wirkt, desto größer scheint die Bereitschaft des Opfers, ihn der Polizei zu melden, so die These, die in verschiedenen Studien und auch von dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen bestätigt wurde. Auch das gilt es zu beachten, wenn man die Kriminalitätszahlen nach Nationalitäten aufschlüsseln will.
Die konkreten Zusammenhänge von Kriminalität und Flucht sind insgesamt aber erst am Anfang der Forschung. „Projekte zur Kriminalitätsbeteiligung von Flüchtlingen sind aufwendig und brauchen Zeit. Daher gibt es zu den aktuellen Zuwanderungsprozessen noch wenig Forschungsergebnisse”, sagt Walburg. Einig sind sich die beiden Experten jedoch, dass die vermeintlich eindeutigen Zahlen der Statistiken einer tieferen Betrachtung nur begrenzt standhalten. Eine pauschale Aussage, dass Flüchtlinge krimineller sind als Deutsche lässt sich daraus allerdings sicher nicht ableiten.