An der Art der Kommunikation von Umfragen lässt sich aus wissenschaftlicher Perspektive durchaus Kritik üben: „Über die Qualität der Berichterstattung über Umfragen wissen wir, dass sie besser sein könnte. Wählerinnen und Wähler benötigen eine ganze Reihe an Informationen, um aus den Umfragen die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Diese Informationen spielen in der Berichterstattung häufig keine Rolle“, sagt Klein.
Auf der Suche nach Schlagzeilen werden Umfrageresultate medial oft verkürzt dargestellt. Zu oft findet beispielsweise die Fehlertoleranz keine Beachtung. Das kann durchaus problematisch sein, denn der typische Umfragekonsument beachtet in erster Linie nicht die Zahlen als solche, sondern wie diese von Journalisten aufbereitet und ins Verhältnis gesetzt werden. „Medien berichten kleine Veränderungen in den Umfrageergebnissen häufig als klare Veränderungen in der Stimmungslandschaft. Diese klare Veränderung wird aber selten durch die Umfragen tatsächlich gestützt“, beobachtet Klein. Nur einige wenige Medienhäuser, wie beispielsweise die Süddeutsche Zeitung oder Spiegel Online, sind inzwischen dazu übergegangen, die statistische Unsicherheit mit anzugeben und auch graphisch aufzuzeigen. Dadurch wird der Leser darauf aufmerksam gemacht, dass die Umfragewerte statistisch bedingt schwanken können.
Aus Sicht der Experten ist das ein Schritt in die richtige Richtung, wäre da nicht die Art und Weise der Berichterstattung: Denn bei der medialen Vermittlung von Politik werden zunehmend Metaphern des sportlichen Wettkampfs verwendet. ‘Wer liegt vorne?’ ‘Wer fällt zurück?’ ‘Wer zieht an wem vorbei?’ „Das sind Indizien, dass der in der Forschung als ‘Horse-Race-Journalismus’ bezeichnete Berichterstattungsstil durch Umfragen gefördert wird. Und das kann man sehr ambivalent beurteilen“, sagt Klein. Im Vorfeld der Bundestagswahl kann man das beinahe täglich beobachten: „AfD fällt hinter die Grünen zurück“ oder „Die Union baut Vorsprung auf SPD aus“ sind nur zwei der Schlagzeilen aus der aktuellen Woche. In der Darstellung der Medien erscheint Politik damit weniger als Aufgabe, gesellschaftliche Probleme möglichst erfolgreich zu lösen, sondern als taktisches Spiel, bei dem es vor allem um Machtgewinn und Machterhalt geht.