Auf Information setzt auch Gerd Gigerenzer, Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Im Gespräch mit Die Debatte sagt er, Nudging sei „eine Form von staatlichem Paternalismus: Man unterstellt, Menschen seien eher unfähig, gute Entscheidungen selbst zu treffen und auch kaum in der Lage, dies durch Erfahrung zu lernen.“ Laut Gigerenzer müsse man eher die Frage stellen, was Menschen wissen müssen, um gute Entscheidungen zu treffen und ihnen diese Informationen bereitstellen. „Wir nennen das Boosting. Darüber sollten wir uns Gedanken machen, nicht über Möglichkeiten, Menschen auf schlaue Art und Weise zu lenken.“
Den Einsatz von Nudging-Strategien im Zuge des Klimaschutzes betrachtet Dr. Robert Lepenies vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ebenfalls kritisch. Er sieht die Gefahr, dass die Verantwortung, die Klimakrise zu bewältigen durch sogenannte Green Nudges an das Individuum abgegeben wird. Außerdem seien diese nicht ausreichend: „Um beispielsweise die Klimakrise oder die Biodiversitätskrise zu bewältigen, brauchen wir andere und nicht nur Nudging-Konzepte.“ Marlene Münsch von ConPolicy sieht das anders: „Viele der Nudges, die in Unternehmen eingesetzt wurden, haben zu einer Verhaltensänderung der Mitarbeitenden und auch zu messbaren CO2-Reduktionen geführt.“