„Von sachlichen bis emotionalen Argumenten erleben wir alles.“

Ein Gespräch mit Mara Franke

Was sind die Ziele der AG Aufklärung Organspende?

Uns geht es uns vor allem um Aufklärungsarbeit und Informationsvermittlung über die Themenbereiche Organspende und Hirntod. Denn wir stellen fest, dass die Thematik sehr komplex ist und sich die Gesellschaft insgesamt viel zu wenig mit diesem Thema auseinandersetzt. Dafür haben wir uns 2014 in Berlin gegründet. Inzwischen gibt es Lokalgruppen an über 15 verschiedenen medizinischen Fakultäten in ganz Deutschland.

„Wir hören immer wieder die Frage ‚Kann man dem System überhaupt trauen?“

Wie sieht ihre Arbeit konkret aus?

Unter anderem versuchen wir unsere Kommilitonen für das Thema zu sensibilisieren, organisieren Info-Stände und öffentlich wirksame Aktionen. Vor allem geben wir aber interaktive Seminare an Schulen, bei denen wir versuchen, den Schülern Faktenwissen zu vermitteln. Dabei geht es darum, das Thema auf die wirklich wichtigen Kernaussagen runterzubrechen und die Schüler zu motivieren für sich eine Entscheidung zu treffen. Wir bekommen dazu insgesamt auch ein sehr gutes Feedback, was für uns auch ein wichtiges Signal ist.

Wie viel Wissen ist denn bei den Schülern in der Regel vorhanden?

Der Wissensstand variiert sehr stark. Es gibt immer wieder Schüler, die selbst innerhalb der Familie mit der Thematik konfrontiert sind und sich dementsprechend gut auskennen. Viele Schüler haben sich aber noch nie mit dem eigenen Tod, insbesondere nicht in der Konstellation beschäftigt und tun sich mit der Thematik daher eher schwer. Gleichzeitig erleben wir aber, dass die Schüler überwiegend sehr interessiert sind. Von sehr sachlichen bis sehr emotionalen Argumenten erleben wir in den Diskussionen eigentlich alles.

Was sind die Befürchtungen, weshalb viele keinen Organspendeausweis haben?

Für viele sind Fragen rund um den Hirntod, wie “Ist man denn wirklich tot?” sehr präsent. Das Hirntodkonzept ist sehr komplex und nicht leicht zu verstehen. Dennoch gibt es ganz klare Vorschriften für die Diagnose und das Konzept ist absolut sicher. Man muss es dazu aber erstmal verstehen. Auch Organhandel ist ein Thema, dass immer wieder von den Schülern angesprochen wird und wozu es viele Fragen gibt. Insbesondere bei Erwachsenen sind auch die Organspendeskandale noch sehr präsent. Wir hören immer wieder die Frage „Kann man dem System überhaupt trauen?“.

„Letztendlich ist die Organspende eine persönliche Entscheidung. Es gibt dabei kein richtig oder falsch, aber jeder sollte sie für sich zu Lebzeiten treffen und dokumentieren.“

Wie sollte denn die Aufklärung zur Organspende aussehen?

Das Thema ist gesellschaftlich zu wenig vertreten. Die Statistik, wie wenig Personen in Deutschland ihre Entscheidung schriftlich festgehalten haben, ist erschreckend. In anderen Ländern wird beispielsweise bei der Erstellung des Führerscheins, darauf hingewiesen, dass man seinen Spenderstatus darauf vermerken sollte. So etwas fehlt meiner Meinung nach in Deutschland.

Braucht es vielleicht auch eine andere rechtliche Regelung?

Ich persönlich finde das System, wie wir es in Deutschland haben, sehr gut. Wir haben sehr viel Entscheidungsfreiheit in dieser wirklich schwierigen und auch wichtigen Entscheidung, die jeder treffen sollte. Das Problem ist meiner Meinung nach nicht das politische System, sondern, dass das Thema zu wenig präsent ist.

Wozu raten Sie, wenn Sie gefragt werden, ob man seine Organe spenden sollte?

Wichtig ist, dass wir in unserer Arbeit neutral sind. Unser Ziel ist, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen wird. Dafür wollen wir Informationen vermitteln, aber keinesfalls die Entscheidung in irgendeine Richtung beeinflussen. Letztendlich ist die Organspende eine persönliche Entscheidung. Es gibt dabei kein richtig oder falsch, aber jeder sollte sie für sich zu Lebzeiten treffen und dokumentieren. Andernfalls wird die Entscheidung , wenn  sie versterben, den Angehörigen überlassen. Und das ist ohnehin eine emotional sehr belastende Situation.

Zur Person

Die Medizinstudentin Mara Franke ist Lokalgruppenleiterin der AG Aufkläung Organspende in Berlin. Die Initiative von Studierenden gibt es seit 2014 und existiert inzwischen an 15 Hochschulstandorten.

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