Betreiben Sie auch Forschung zum Thema?
Ja, beispielsweise beim Coastal Watch Projekt in Hongkong. Neben herkömmlichen Reinigungsaktionen am Strand können interessierte Menschen dort Müll sammeln, kartieren und kategorisieren. Da betreiben wir also eine wissenschaftliche Erhebung über dessen Herkunft. Aber auch hier sind wir vor Ort tätig: Ein großes Problem in Hongkong sind die Fischkisten aus Styropor, die auf den lokalen Fischmärkten benutzt werden und oftmals als Abfall ins Meer wandern. Diese Kisten wollen wir durch ein biologisch abbaubares Material ersetzen, etwa Pappe oder Papier. Zudem entsteht gerade ein Bündnis mit den Anbietern und Gastronomiebetrieben, um Mehrweglösungen zu etablieren.
Warum liegt der Fokus auf Südostasien?
Nach Berechnungen von Wissenschaftlern ist die Region in Südostasien global betrachtet der Schwerpunkt, weil da die Abfallentsorgung nicht gut funktioniert. Im Gegensatz zu vielen Industrieländern wird dort der Müll oft einfach auf Haufen gelagert oder in Flüsse geworfen, die ein bedeutender Eintragsfaktor von Plastik in die Meere sind. Seit in diesen Ländern der Konsum und der Bedarf an Verpackungen zugenommen haben, sind die örtlichen Entsorgungsstrukturen überfordert. Deshalb müssen einerseits bessere Abfallmanagementsysteme geschaffen und andererseits erste Elemente einer Kreislaufwirtschaft etabliert werden, um den Bedarf an Verwertungskapazität für Restmüll zu senken. Wir wollen ja nicht, dass nur riesige Müllverbrennungsanlagen gebaut werden, sondern dass die Wertstoffe direkt getrennt und verwertet werden.
Wie wichtig ist dabei die Zusammenarbeit mit Unternehmen, schließlich wird dort das Plastik produziert?
Im Bereich Verpackungsmüll ist der Kontakt zu Konsumgüter-Konzernen sehr wichtig. Wir bemühen uns auf nationaler Ebene, die Etablierung einer sogenannten Erweiterten Produzentenverantwortung zumindest auf freiwilliger Basis zu unterstützen. Das bedeutet, dass Unternehmen, die verpackte Ware in den Verkehr bringen, auch die Kosten der späteren Sammlung und Entsorgung des Verpackungsmülls tragen. Dadurch könnten Entsorgungssysteme zukünftig dauerhaft finanziert werden, wie das in Deutschland und anderen Industrieländern zum Beispiel über Lizenzgebühren bereits passiert. Hierzu könnten in den verschiedenen Ländern Arbeitsgruppen mit der Politik und Industrie initiiert werden, um derartige Systeme zu diskutieren und zu implementieren. Sobald die Finanzierung der Entsorgung über einen – übrigens sehr kleinen – Teil des Produktpreises stattfindet, nähern wir uns einer Lösung des Problems. Dies möchte der WWF vorantreiben.
Dabei braucht es aber immer lokal angepasste Lösungen. In einigen Ländern Südostasiens sammeln arme Bevölkerungsteile Müll, verkaufen ihn an lokale Händler und erzielen so ihr wichtigstes Einkommen. In Vietnam beobachte ich, dass benutzte Aludosen oder PET-Flaschen von lokalen Händlern eingesammelt werden und deshalb nicht in den Müll gelangen. Wo es solch einen informellen Sektor gibt, kann man nicht einfach eine Recyclingstruktur wie in Europa aufbauen. Da müssen wir schauen, welche Materialien gesammelt werden und wer davon lebt, damit diese Bevölkerungsteile eingebunden werden.