Wie würden Sie sich einen gelungenen Diskurs zu Pränataldiagnostik vorstellen? Worauf sollten wir sprachlich achten?
Ein gelungener Diskurs ist erstmal einer, an dem möglichst viele unterschiedliche Akteur*innen mit verschiedenen Positionen teilhaben und die Auseinandersetzung nicht diffamierend oder diskriminierend verläuft. Bei der Frage um Pränataldiagnostik ist das sehr schwierig, weil das immer mit grundsätzlichen Vorstellungen vom guten Leben zu tun hat. Dadurch begibt man sich immer gleich in eine Position. Abgesehen davon halte ich es aber immer für wichtig, transparent zu bleiben, die eigenen Motive und Fakten zu nennen. Es ist bei Ärzt*innen also beispielsweise wichtig, dass sie nicht vom „Ergebnis“, sondern von einer „Wahrscheinlichkeit für …“ sprechen, wenn es um den nicht invasiven Pränataltest geht. Das fängt schon bei der Kommunikation in der gynäkologischen Praxis an, wenn der Test eingeführt wird mit: „Wir gucken, ob ihr Kind gesund ist“. Dabei gibt der Test keine Garantie für ein gesundes Kind, sondern er gibt eine Wahrscheinlichkeit an, ob das Kind womöglich eine Chromosomenaberration aufweist oder nicht. Verschwiegen wird beispielsweise, dass bei positiver Testung, weitere Tests erfolgen müssen, um genauere Aussagen machen zu können. Hier müsste ein sensibler Sprachgebrauch ansetzen, denn durch vage Kommunikation wird eine falsche Sicherheit suggeriert.
Wie bewerten Sie den öffentlichen und politischen Diskurs, um die Kostenübernahme von NIPT der öffentlichen Krankenkassen?
Interessant ist, dass es in der Bundestagsdebatte um die Aufnahme von NIPT in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gleich um grundsätzliche Fragen des menschlichen Lebens ging. Daneben wurde natürlich auch diskutiert, dass es einen gerechten Zugang für alle versicherten Frauen zu dieser Leistung geben müsse. Dennoch war in der Bundestagsdebatte und im öffentlichen Diskurs die Frage zentral, welches Leben lebenswert ist und ob wir diese Tests überhaupt wollen bzw. ob es für die Gesellschaft gut ist, solche Tests zuzulassen. Das hätte meiner Meinung nach schon viel früher, etwa 2012 bei der Markteinführung, prominenter diskutiert werden müssen.