In Zahlen heißt das: Etwa 70 bis 90 Prozent der Frauen brechen nach der Diagnose Down-Syndrom die Schwangerschaft ab. „Damit hat dieses Wissen auch eine gesamtgesellschaftliche Implikation. Denn es scheint als Schaden angesehen zu werden, ein Kind mit einer Behinderung zu bekommen“, sagt der Philosoph Boldt. Gunnar Duttge geht noch einen Schritt weiter: „Wenn wir es tolerieren, dass solche Tests immer mehr zum Standard werden, ist das eine gesellschaftliche Wertentscheidung: Wir finden das Leben mit Behinderung nicht lebenswert.“
Gerade bei Pränataldiagnostik- und tests, die von der Krankenkasse bezahlt werden – und die damit „die Solidargemeinschaft finanziert“, so Duttge – müsste sich das, was daraus folgt, auch mit den Grundwerten unserer Gesellschaft decken. Er sieht hier einen „fundamentalen Wertewiderspruch“ zum Recht auf Menschenwürde und Gleichstellung und den Schutz vor Diskriminierung: „Für mich ist klar: Paare, die sich für eine Abtreibung entscheiden, diskriminieren nicht. Aber wir, als Rechtsgemeinschaft, dürfen das eigentlich nicht erlauben.“