Schätzungen wie diese sind trotz immer präziserer Modellierungen von Klimawissenschaftler*innen und Ökonom*innen mit enormen Unsicherheiten behaftet. Anja Bierwirth, Leiterin des Forschungsbereichs Stadtwandel am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie erläutert, dass „eine Modellierung der Klimafolgen umso schwieriger ist, je kleinräumlicher sie wird. Welche Regionen tatsächlich von welchen Folgen betroffen sein werden und damit welche Infrastrukturen, Städte, Menschen wie gefährdet sind, ist schwer abzuschätzen.“ Ein weiterer Kritikpunkt an den Berechnungen: Es gibt Folgekosten, die zwar schwerwiegend, aber nicht in Geldwerten auszudrücken sind. „Wie beziffert man die Gesundheit oder das Leben von Menschen? Wie die Schäden an Ökosystemen?”, fragt Bierwirth. “Es gibt zwar auch dazu Ansätze, die sind aber ethisch teilweise sehr umstritten.“
Trotz solcher Einschränkungen sind Wissenschaftler*innen davon überzeugt, dass Schätzungen von Umweltkosten wichtig sind, denn sie zeigten auch, wie teuer unterlassener Umweltschutz ist und untermauerten die ökonomische Notwendigkeit anspruchsvoller Umweltziele. Auch ließen sich mit ihrer Hilfe die Kosten und Nutzen von umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen besser ermitteln. Was auch aus Sicht der Transformationsforscherin Maja Göpel dringend nötig ist: Wer nur die Kosten des Wandels, nicht aber die dabei eingesparten Kosten und die mittelfristige finanzielle Entlastung für eine Volkswirtschaft in den Blick nehme, verzerre die Wirklichkeit. Ähnlich argumentiert die Ökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), die sich ebenfalls dafür ausspricht, genauer auf die Gewinne der Umstellung zu schauen.
Doch in welchen Sektoren überhaupt werden die so schwer abzuschätzenden Folgekosten für die deutsche Volkswirtschaft in den kommenden Jahren entstehen? Das erforscht zurzeit ein Konsortium von Wissenschaftler*innen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und von Prognos. Im gemeinsamen Projekt „Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland“ analysieren sie Kosten von Klimaschäden durch Extremwetterereignisse ebenso wie durch das graduelle Voranschreiten des Klimawandels sowie die Kosten von Anpassungsmaßnahmen.
Berücksichtigt werden unter anderem Hitze- und Trockenperioden mit ihren Auswirkungen auf Ernteerträge; Waldbrände und die damit für die Forstwirtschaft verbundenen Kosten; Starkregen oder Flusshochwasser und deren Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen. Außerdem nehmen die Forschenden längerfristig entstehende Kosten in den Blick, beispielsweise solche, die durch eine langsame Erwärmung von binnen- und Küstengewässern entstehen und Auswirkungen auf Fischpopulationen haben oder schneearme Winter, die dem Tourismus im Mittel- und Hochgebirge Grenzen weisen werden.