Die Datenlage ist jedoch dünn. „Wir haben große Wissenslücken, was auch daran liegt, dass Mikroplastik sehr klein ist und die Ozeane unglaublich groß sind“, sagt Bergmann. Mit Sicherheit wissen die Experten allerdings, dass ein Großteil des Mikroplastiks nicht nur durch die Zersetzung von größeren Plastikstücken entsteht, sondern auch andere Verursacher hat. „Ein großer Teil kommt vom Plastikabrieb der Autoreifen, von Kosmetikprodukten und von Fleece-Pullovern in der Waschmaschine“, sagt Freund. Fest steht: Zumindest ein kleiner Teil der Partikel gelangt über Abwasser und Klärwerke in die Ozeane, wo sie von Kleinstlebewesen aufgenommen werden und so in die Nahrungskette gelangen. Die Folgeschäden für Mensch und Natur sind bisher weitestgehend unklar.
Ein weiteres Problem könnte sein, dass Plastikteile auf ihrem Weg durch die Meere andere Schadstoffe binden und mit sich ziehen. „Die Plastikteile wirken wie ein Schwamm“, sagt Freund. „Sie ziehen andere Schadstoffe wie ein Magnet an, Schwermetalle etwa wie Cadmium oder Blei. Das wissen wir mit Sicherheit. Was wir nicht wissen ist allerdings, was das für Auswirkungen auf das Ökosystem hat.“ Auch wenn die Forschung noch am Anfang stehe, sei es gefährlich, ein solches Naturexperiment zu veranstalten. „Der überwiegende Anteil des Plastiks schwirrt irgendwo in der Tiefsee rum. Wir haben keine Vorstellung, welche Auswirkung das auf die Umwelt hat“, sagt Freund.
Auch aufgrund solcher Unwägbarkeiten fordern Experten, den Verbrauch zu mindern. Los wird man das Plastik, das sich schon in den Meeren befindet, ihrer Meinung nach nämlich ohnehin nicht mehr. „Man sollte am besten den Eintrag so schnell wie möglich deutlich verringern“, sagt Bergmann. „Wenn man davon ausgeht, dass ein Großteil des Mülls am Meeresboden liegt, gibt es keine erfolgversprechenden Reinigungsversuche. Auch nicht das Ocean Cleanup von Boyan Slat“ – zumal die ökologischen Folgeschäden womöglich viel gravierender seien. „Der ökologische Schaden, den ich verursache, wenn ich das alles bergen will, ist größer als der Nutzen“, sagt auch Freund.
In den nächsten Jahrhunderten wird sich das Plastik in den Meeren allmählich zerkleinern, als Mikroplastik durch die Meere ziehen und irgendwann gefressen – mit bisher unabsehbaren Folgen. Ein Risiko, vor dem Naturschützer und Wissenschaftler gleichermaßen warnen.