Wie zeigt sich diese Belastung konkret im Alltag der Familien?
Das hängt von den individuellen Versorgungsbedarfen und dem Behinderungsgrad des Kindes ab. Teilweise bedeutet die Behinderung eine Vollzeitbetreuung durch die Eltern. Grundsätzlich existiert zwar ein Rechtsanspruch auf externe Unterstützung und professionelle Pflege, aber in der Realität ist das aufgrund fehlender Angebote vor Ort, aber auch fehlender Pflegekräfte oft nicht umsetzbar. Insbesondere in ländlichen Regionen ist das ein Problem. Eltern müssen daher als Laien oftmals eine professionelle Pflege übernehmen, was einerseits kräftezehrend ist und andererseits mit wirtschaftlichen Belastungen einhergeht, weil die Eltern der Erwerbstätigkeit nicht mehr vollständig nachgehen können.
Sie sprachen vom Aufgeben der Erwerbstätigkeit der Eltern. Wen betrifft das vor allem?
In weit über 90 Prozent der Fälle sind es die Mütter, die das Kind pflegen. Viele arbeiten dann in Teilzeit oder geben ihren ursprünglichen Beruf sogar vollständig auf. Viele Mütter wünschen sich in diesem Fall vor allem eines: Flexibilität – in der Einteilung der Arbeitszeit, um sie nach den Bedarfen des Kindes zu richten oder die Möglichkeit, ohne schlechtes Gewissen nicht auf der Arbeit zu erscheinen oder diese früher verlassen zu können.
Wird das von Arbeitgeberseite oftmals ermöglicht?
Das ist sehr unterschiedlich. Der Rückmeldung nach, die wir innerhalb der Studie bekommen haben, haben die meisten Arbeitgeber Verständnis für die Situation. Aber es hängt natürlich auch von der Form der Arbeit ab, in welchem Rahmen Flexibilität möglich ist, zum Beispiel in Form von Home-Office. Wenn der Job das Arbeiten von zuhause nicht zulässt, dann bleibt häufig nur das Aufgeben des Berufs. Wir hatten in unserer Untersuchung viele hochqualifizierte Mütter mit Hochschulabschluss, die ihre Karriere nicht weiterverfolgen konnten und einer Arbeit nachgingen, die keine oder nur geringe Qualifikation voraussetzt, aber mit der Pflege des Kindes besser vereinbar war.