Was spricht dafür, dass Erwerb und Besitz von Cannabis nicht mehr strafbar sein sollen?
Obwohl wir bei jeder Sicherstellung von Cannabis – unabhängig von der gefundenen Menge – ein Strafverfahren einleiten, kommt es bei kleineren Mengen regelmäßig vor, dass die Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Das kann auch für die Moral der Kolleginnen und Kollegen mitunter problematisch sein und gleichzeitig hat es nach den Ergebnissen zahlreicher Untersuchungen zumindest bei Erwachsenen kaum einen Abschreckungseffekt auf den Konsumenten. Anders ist beispielsweise der Ansatz, wie er seit Jahren sehr erfolgreich in Portugal umgesetzt wird. Statt Strafanzeigen, entscheidet bei entsprechenden Auffälligkeiten ein Komitee aus Rechtswissenschaftlern, Medizinern und Sozialarbeitern über Bußgelder und kann Auflagen, wie die Mitarbeit in sozialen Diensten, verhängen. Die Idee dabei ist also nicht zu bestrafen, sondern das Konsumverhalten zu verändern. Und ich persönlich glaube auch, dass das Hilfsangebot an Konsumenten deutlich wichtiger ist, als eine Strafverfolgung.
Welche Auswirkungen hätte eine solche Änderung für die Verfolgung der Produzenten und Dealer?
Bei einer Entkriminalisierung der Konsumenten würde sich die Arbeit der Polizei umso stärker auf die Verfolgung der Produzenten und der Dealer konzentrieren – das ist auch nach wie vor wichtig. Leider haben wir momentan in Deutschland durch die aktuelle Gesetzeslage das Problem, dass uns viele effektive Werkzeuge fehlen. Dazu findet auch immer mehr Handel von Cannabis im Internet statt. Es haben sich in den letzten Jahren richtiggehend Handelsplattformen entwickelt, wo wir mit neuen Ermittlungstaktiken und geschultem Personal entsprechend vorgehen müssen. Wir haben also zahlreiche Wünsche an die verantwortliche Politik, die unsere Arbeit erheblich erleichtern würden.
Kann die Wissenschaft die Polizei in ihrer Arbeit unterstützen bzw. spielt sie eine Rolle?
Das Problem ist, dass noch sehr viel Unsicherheit herrscht, was die Konsequenzen einer Legalisierung sind – einzelne Studien geben da bisher nur erste Hinweise. Deswegen braucht es eine interdisziplinäre Kommission, die die Wirkung der Legalisierung genauso wie auch die Wirkung des momentanen Betäubungsmittelgesetzes in Deutschland anschaut und dabei auch Langzeitstudien berücksichtigt. Denn Grundlage der Diskussion sollten die evidenzbasierten Studien zu den Wirkungen und Folgen des Cannabiskonsums und die Feststellung sein, dass es sich bei Cannabis um eine gefährliche Substanz handelt.