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CO2-Speicherung in anderen Ländern

Beispiele für Abscheidungs- und Speicherungstechnologien

Die industrielle Nutzung der CCS-Technologie nimmt deutlich an Fahrt auf. Laut dem „Global Status of CCS Report 2022 gab es im vergangenen Jahr weltweit 33 kommerziell betriebene CCS-Anlagen. Elf weitere waren im Bau, 153 in Planung. Folgende Länder verfügen bereits über Erfahrung mit der CO2-Abscheidung und -Speicherung oder verwerten Kohlendioxid in einer Kreislaufwirtschaft weiter.

 

USA

Die USA führten 2022 die Liste mit 13 CCS-Anlagen an. Sie werden in erster Linie von den großen Ölkonzernen betrieben. Exxons Anlage in LaBarge Wyoming ist nach Angaben des Betreibers die größte der Welt und kann pro Jahr sechs  Millionen Tonnen CO2 abscheiden. Die Konzerne schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Das CO2 entweicht bei der Förderung und entsteht bei der Weiterverarbeitung von Öl. Es wird vor Ort abgetrennt und mit Druck zurück unter die Erde gepresst – dort verschwindet es aus der Emissionsbilanz.  Zugleich lässt sich mit dieser Methode die Ausbeutung alter Ölfelder um Jahrzehnte verlängern. 

Auch Direct Air Capture (DAC)-Anlagen, die CO2 aus der Luft saugen, sind in den USA in Planung. Die größte soll 2024 in Texas anlaufen und jährlich eine halbe Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre filtern. Auch weil CCS-Projekte im Zuge des staatlichen Konjunkturprogramms „Inflation Reduction Act“ steuerlich begünstigt werden, rechnen Beobachter*innen mit einem weiteren Boom der Technologie in den USA.

Norwegen

Die Öl- und Gasindustrie ist eines der wichtigsten wirtschaftlichen Standbeine Norwegens. Das Land speichert bereits seit 1996 CO2 unter dem Meeresboden und gilt neben den USA als Vorreiter. Zentrum der CCS-Aktivitäten ist derzeit das Sleipner Gasfeld, 260 Kilometer westlich der Küste in der Nordsee gelegen. Dort wird das abgeschiedene CO2 in bis zu 1.000 Meter Tiefe in eine poröse Sandgesteinsschicht gepresst. Bis Ende 2020 waren es bereits fast 20 Millionen Tonnen CO2.

Derzeit baut Norwegen unter Hochdruck seine Infrastruktur aus und bringt neue Technologien in Stellung. In diesem Kontext steht auch das Northern Light–Projekt von Equinor, Shell und Total: 100 Kilometer vor der Küste sollen im Aurora-Reservoir ab 2024 bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich unter die erste Erde gepresst werden, später dann über 5 Millionen Tonnen pro Jahr. Die gesamte Speicherkapazität des Aurora-Reservoirs wird auf 100 Millionen Tonnen geschätzt. Es ist im Unterschied zu vorherigen CCS-Projekten in Norwegen nicht an die Gas- und Ölförderung gekoppelt, sondern wird eigens für die CO2-Speicherung auch für andere Länder erschlossen.  Auch aus Deutschland könnte ab 2024 verflüssigtes CO2 per Schiff nach Norwegen transportiert und dort in bis zu 3.000 Metern Tiefe gespeichert werden.  

Northern Light ist Teil des großen nationalen CCS-Infrastruktur-Projekts Longship. Dies beinhaltet auch zwei neue CO2-Abscheidungsanlagen auf dem Festland: Von einer Zementfabrik 150 Kilometer südwestlich von Oslo sowie einer Müllverbrennungsanlage in der Hauptstadt soll das CO2 per Schiff und Pipeline zu der neuen Speicherstätte transportiert werden. 

Dänemark

Dänemark hat den Startschuss für sein erstes CCS-Projekt unter der Nordsee erteilt und eine Speicheranlage unter dem Meeresgrund eingeweiht. Dort sollen in einem ehemaligen Ölfeld rund 200 Kilometer vor der Küste bis 2030 jährlich bis zu acht Millionen Tonnen CO2 eingelagert werden. Das Kohlendioxid wird verflüssigt und per Schiff von Antwerpen zum Speicherort transportiert und dort unter den Meeresboden gepresst. Bis Anfang April 2025 sollen dort in einer Pilotphase zunächst 15.000 Tonnen COgespeichert werden. Wie Norwegen und Island möchte auch Dänemark ihre CO2-Speicher für andere Länder bereitstellen.

Schweiz

Die Schweiz ist kein Speicher-, sondern ein Innovationsort, was CCS betrifft. An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich entwickelten zwei deutsche Maschinenbauingenieure eine Technik, die CO2 mithilfe riesiger Ventilatoren per „Direct Air Capture“ aus der Luft filtern kann. Bereits 2009 gründeten sie ihr Unternehmen Climeworks.  

Im Zürcher Oberland filtert die erste kommerzielle, aber sehr kleine DAC-Anlage etwa 900 Tonnen CO2 im Jahr aus der Luft. Das CO2 wird aufbereitet und als Dünger an Gewächshäuser verkauft. Die Anlage wird durch die Wärme einer Müllverbrennungsanlage angetrieben. Dieses Projekt gehört wie eine zweite Kooperation, in der abgeschiedenes CO2 an den Getränkeproduzenten Valser verkauft wird, in die Kategorie „Carbon Capture and Utilization“ (CCU): Das CO2 wird nicht gespeichert, sondern weitverwendet, in diesem Fall für die Herstellung von sprudelndem Mineralwasser. 

Noch ist das DAC-Verfahren sehr teuer und energieintensiv.  Daher macht die Technik nur dann Sinn, wenn sie mit erneuerbarer Energie oder Abwärme betrieben werden kann. Ideal ist ein Ort, wo die Geothermie die Energie liefert und zugleich gute Speicherbedingungen für das CO2 im Boden existieren – wie in Island.

Island

In Island soll die große Climeworks-Anlage Orca die Anwendungsreife der Schweizer DAC-Technologie in großem Maßstab unter Beweis stellen. Orca nutzt die Geothermie der Insel, um pro Jahr 4.000 bis 5.000 Tonnen Kohlendioxid aus der Luft zu filtern und es dann vor Ort in das Basaltgestein zu pressen.  Im April 2022 sammelte Climeworks eine halbe Milliarde Euro Kapital von Investor*innen wie dem Staatsfond von Singapur ein. Mit dem Geld ist die nächste, weit größere Anlage auf Island bereits in Planung.

Island hatte schon vor Orca Erfahrungen mit CCS gemacht. Seit 2014 wird dort CO2 aus einem Geothermiekraftwerk in den Boden gepresst. Im Balsaltgestein mineralisiert es innerhalb von nur zwei Jahren in 400 bis 800 Metern Tiefe, so eine 2016 veröffentlichte Studie.  Kenner*innen glauben, dass die Kohlendioxid-Speicherung für Island zu einer enormen Einnahmequelle neben dem Tourismus werden kann: Die Insel könnte das in anderen Ländern emittierte und nach Island verschiffte CO2  gegen Bezahlung unter dem Meeresboden oder in tiefen Gesteinsschichten an Land entsorgen.

Kanada

Kanada ist der viertgrößte Ölproduzent der Welt, seine Öl- und Gasindustrie ist mit 26 Prozent Anteil die größte CO2-Emissionsquelle des Landes. Entsprechend investiert das Land in CCS, um bis 2050 seine CO2-Emissionen auf netto null zu senken. 

Neben den USA und Norwegen gehört Kanada zu den Vorreitern der kommerziellen Anwendung von CCS: Derzeit gibt es sieben operierende Anlagen in Alberta und Saskatchewan, fünf davon aus dem Öl- und Gassektor. Die jüngste ist die „Alberta Carbon Trunk line“: Das aufgefangenes CO2 aus Raffinerien und einer Ammoniak- Fabrik wird zu Ölfeldern gepumpt, deren Ressourcen sich dem Ende entgegen neigen, um mit dem Gas letzte Reserven aus ihnen herauszupumpen. 70 Prozent der kanadischen CCS-Anlagen dienen diesem Ziel.   

Dass die hoch gesetzten Abscheidungs- und Speicherziele jedoch selten erreicht werden, zeigt das CCS Projekt Boundary Dam. Es fängt seit 2014 CO2 aus einem Kohlekraftwerk ab und leitet es zur Erhöhung der Ausbeute in Ölfelder. Statt der geplanten 90 Prozent fängt die Anlage aber nur 50 Prozent der Emissionen ein.

Indien

Kohle ist die dominante Energiequelle Indiens und wird es zunächst weiter bleiben. Umso wichtiger ist eine CCU-Technik wie jene, die bereits seit 2015 im Hafen von Thoothukudi in Betrieb ist. Das von Carbon Clean Solutions (CCSL) entwickelte Verfahren scheidet CO2 mit einem patentierten Lösungsmittel ab und macht es für die Wiederverwendung in anderen Produkten verwertbar.  Aus den Abgasen entsteht Natriumkarbonat, das unter anderem zur Herstellung von Backpulver und Waschmittel verwendet wird. Die Firma rühmt sich damit, das CO2 zu einem profitablen Preis von 30 Dollar pro Tonne umzuwandeln. Einige kleinere Anlagen in Indien laufen bereits mit der Technologie. Nach einer großen Investitionsspritze ist Carbon Clean Solutions auf dem Weg, seine Technologie auch auf andere Kontinente zu tragen.

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