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Was wir über die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe wissen

Corona-Erkrankung trotz Impfung? Sehr unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich

1 Kommentare

Das Problem

Bislang sind zwei Impfstoffe in Europa zugelassen. Der Impfstoff von BioNTech und Pfizer hat Studien zufolge eine Effektivität von 95 %, der Impfstoff von Moderna eine Effektivität von 94,5 %. Die Effektivität gibt die relative Wirksamkeit des Impfstoffes an. Das bedeutet, dass in den Studien die Wahrscheinlichkeit an COVID-19 zu erkranken, für geimpfte Teilnehmende um 95 % beziehungsweise 94,5 % geringer war, als für Teilnehmende, die ein Placebo erhalten hatten. Von dieser relativen Wirksamkeit lässt sich allerdings nicht auf die absolute Wirksamkeit der Impfstoffe schließen: Aus einer Effektivität von rund 95% folgt also nicht automatisch, dass 95 von 100 geimpften Menschen gegen eine Corona-Erkrankung geschützt sind. Über die absolute Wirksamkeit lässt sich erst nach mehreren Monaten oder Jahren eine genaue Aussage treffen. „Man wird genau beobachten, ob diese Menschen gegenüber ungeimpften Personen milder erkranken oder nicht. Dennoch ist zu erwarten, dass eine Impfung auch den Verlauf einer Erkrankung abschwächt, sollte eine Erkrankung trotz Impfung auftreten,“ sagt Prof Dr. Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission im Interview mit Die Debatte. Ebenfalls ist noch nicht abschließend geklärt, wie lange der Impfschutz anhält, ob die Impfung auch vor einer Infektion schützt und ob Geimpfte das Virus übertragen können. 

Die Gefahr

Dadurch, dass die Impfstoffe keine 100%ige Effektivität haben, könnte der Eindruck entstehen, die Impfstoffe wirkten nicht ausreichend. Medial könnten zudem Einzelfälle benannt werden, bei denen trotz Impfung eine Erkrankung stattgefunden hat und somit die Wirkung insgesamt in Frage gestellt werden.

Besonders hervorzuheben ist aber, dass die Effektivität der Corona-Impfstoffe auch bei älteren Menschen nicht geringer zu sein scheint. Und das ist nicht selbstverständlich.“

Prof. Dr. Thomas Mertens, Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Institutes (RKI)

Der Hintergrund

Die Feststellung der Effektivität eines Impfstoffes ist fester Teil der Studien, die vor der Zulassung des Impfstoffs verpflichtend durchgeführt wurden. Im Fall des BioNTech-Pfizer-Impfstoffes nahmen an der für die Wirkunsanalyse zentralen Phase-3-Studie etwa 44.000 Personen teil. Die Hälfte der Teilnehmenden erhielt den Impfstoff, die andere Hälfte ein Placebo. Bis Mitte November erkrankten 170 Proband*innen an Covid-19, davon hatten 162 das Placebo verabreicht bekommen und nur acht Proband*innen den Impfstoff. Die Effektivität wird berechnet, indem man die Zahl der geimpften erkrankten Teilnehmenden (8) mit der Zahl der nicht-geimpften erkrankten Teilnehmenden (162) ins Verhältnis setzt. Grundsätzlich kann sich die Effektivität auch für einzelne Bevölkerungsgruppen unterscheiden. Die Daten aus der Phase-3-Studie geben jedoch auch für Personen über 65 Jahre explizit eine Effektivität von 94 % an. Prof. Dr. Thomas Mertens betont:  „Besonders hervorzuheben ist aber, dass die Effektivität der Corona-Impfstoffe auch bei älteren Menschen nicht geringer zu sein scheint. Und das ist nicht selbstverständlich.“ Und auch weitere Kriterien wie Geschlecht und Abstammung haben die Effektivität des Impfstoffes in bisherigen Studien nicht beeinflusst. 

Was nicht gesagt wird

Verglichen mit anderen Impfstoffen ist eine Effektivität von 90-95 % durchaus beachtlich. Bei Grippe-Impfungen beträgt die durchschnittliche Effektivität etwa 60-70 % – in einigen Jahren und insbesondere bei älteren Bevölkerungsgruppen aber teilweise auch nur etwa 40-60 %. Dennoch ist dies ausreichend, um viele Erkrankungsfälle und eine jährlich auftretende Epidemie zu verhindern. Auch viele weitere von der STIKO empfohlene Schutzimpfungen wie Masern, Mumps oder Röteln weisen eine ähnliche Effektivität wie die aktuell zugelassenen Corona-Impfstoffe auf. 

Die Chance

Durch die Impfung der insgesamt sehr effektiven Impfstoffe lässt sich individuell zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine Erkrankung an Covid-19 verhindern. Die Wirksamkeit wird – sobald eine nennenswerte Zahl an Personen geimpft ist – auch in Hinblick auf die Anzahl der Erkrankungen deutlich werden.  

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1 Kommentare

  • Wolfgang Beyer

    18.01.2021, 10:44 Uhr

    Die Debatte um die Wirksamkeit der aktuellen Corona-Impfstoffe bedarf einiger weiterer (Er)-klärungen. Die bekannten Wirksamkeitsnachweise wurden mit sehr genau definierten Impfprotokollen, inclusive Dosis, Anzahl und Impfabstand, erstellt und sind so Bestandteil der Zulassungsverfahren bei FDA und EMA. Für einen in der Impfstoffentwicklung und -testung erfahrenen Immunologen bleibt es völlig unverständlich, wie man Laien und Politiker ernsthaft über die Notwendigkeit der 2. Impfung, die Verschiebung der 2. Impfung auf absurde Zeiträume oder über die Mischung verschiedener Impfstoffe schwadronieren lassen kann, ohne sofort dagegen einzuschreiten. Wozu brauchen wir dann überhaupt noch ein Zulassungsverfahren? Nur das geprüfte Impfprotokoll sichert derzeit eine belastbare Immunität und, wenn überhaupt, eine sterile Immunität. Eben diese muss doch aber das Ziel sein.
    Ebenso unsinnig erscheint die Forderung nach einer möglichst schnellen und ausgedehnten Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca. Dieser nutzt ein Adenovirus als Vektor. Nun ist schon seit vielen Jahren wohl bekannt, dass der Vektor eine starke Immunantwort gegen sich selbst induziert. Diese verhindert eine entsprechende Wirksamkeit einer nachfolgenden Impfung mit dem gleichen Vektor und kann ggf. zu Impfkomplikationen führen. Genau das ist nun auch AstraZeneca wieder passiert, als man 2x mit gleich hohen Dosen impfen wollte. Die Immunreaktion blieb sehr schwach. Erst die Halbierung der 1. Dosis ließ die 2. Impfung wirksam werden. Das hätte man wissen müssen und jegliche „Verwunderung“ darüber ist höchst unglaubwürdig. Eben genau deshalb nutzt der russische Impfstoff, Sputnik V, zwei verschiedene Vektoren für die 1. und 2. Impfung. Was wollen diese Strategen nun aber tun, wenn demnächst eine weitere Nachimpfung nötig wird, z. B. weil es eine Escape-Mutante von Cov2 gibt?
    Ebenfalls höchst diskussionswürdig erscheint die Feststellung, dass 60-70 % Wirksamkeit für die Impfungen ausreichen. Ausreichen wofür? Eventuell ja, für eine Herdenimmunität in Deutschland, vorausgesetzt, die Deutschen bleiben gefälligst zu Hause in Deutschland. Was aber, wenn man als Geimpfter ins Ausland reist, nach Afrika, Indien, Südamerika usw. und sich dort dann wieder infiziert, weil man, dummerweise, zu den anderen 30-40% gehört hat? Ist das die politische Zielstellung? Covid19 ist eben nicht dasselbe wie Masern oder Grippe.

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