Foto: Annie Spratt/unsplash

Youtube-Videos statt Lego spielen?

Wie häufig Kinder tatsächlich digitale Medien nutzen

Scrollen, tippen, wischen – aus unserem Alltag sind diese Handbewegungen nicht mehr weg zu denken. Smartphones sind zu unseren treuen Begleitern geworden und ebenso wie Computer und Tablets in fast jedem Haushalt zu finden. Doch digitale Medien sind nicht nur Teil der Erwachsenenwelt, auch Kinder benutzen sie ständig. Bereits die Kleinsten spielen auf den Smartphones ihrer Eltern oder schauen Youtube-Videos auf einem Tablet.

Ist mittlerweile also jedes Kind online? Wie verändert die Nutzung digitaler Medien den Alltag von Kindern? Und wozu genau nutzen sie eigentlich Smartphone und Co?

„Insgesamt hat die Internetnutzung von Kindern in den vergangenen Jahren natürlich zugenommen.“

Sabine Feierabend, Abteilung Medienforschung beim SWR

Seit 1999 erfragt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest mit der KIM-Studie regelmäßig den Stellenwert von Medien für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren. Die Ergebnisse der letzten Studie aus dem Jahr 2016 zeigen, dass digitale Medien tatsächlich eine relevante Rolle im Alltag von Kindern spielen. Mehr als 60 Prozent der befragten Kinder spielten laut der Studie mindestens ein- oder mehrmals in der Woche Spiele auf der Konsole, dem Computer oder im Internet, 59 Prozent nutzten ein- oder mehrmals in der Woche ein Handy oder Smartphone und 55 Prozent der Kinder surften generell im Internet – unabhängig vom Gerät. „Insgesamt hat die Internetnutzung in dieser Altersgruppe in den vergangenen Jahren natürlich zugenommen“, sagt Sabine Feierabend von der Abteilung Medienforschung beim Südwestrundfunk (SWR), eine der Autorinnen der KIM-Studie. „Jedoch ist die Entwicklung nicht so dynamisch, wie man vielleicht vermuten würde. Im Jahr 2006 zählten 58 Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen zu den Internetnutzern, mittlerweile sind es genau zwei Drittel.“

Ein großer Unterschied der Mediennutzung lässt sich zwischen den verschiedenen Altersgruppen feststellen. Sechs- bis Siebenjährige verbringen weitaus weniger Zeit mit digitalen Medien und besitzen entsprechend auch weniger technische Geräte als die älteren Kinder zwischen zwölf und 13 Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine bitkom-Studie aus dem Jahr 2017: Während nur knapp die Hälfte der jüngeren Kinder gelegentlich im Internet surft, tun das bereits fast alle zwölf- bis 13-Jährigen. „Dies hängt auch stark damit zusammen, dass viele Kinder beim Übergang auf die weiterführende Schule ein eigenes Smartphone bekommen“, erklärt Feierabend.

 

 

Für Kinder im Kita-Alter ist die Datenlage durch Studien noch nicht so umfassend. In der MiniKIM-Studie von 2014, die die Mediennutzung der Zwei- bis Fünfjährigen erfragt hat, wurde herausgefunden, dass nur ein verschwindend geringer Anteil von 2 Prozent der Kinder in dieser Altersklasse entsprechende Mediengeräte selbst besitzt. Lediglich eine Spielkonsole hatte bereits jeder zehnte Vier- bis Fünfjährige. Digital gespielt wurde dennoch etwas häufiger, wenn auch noch nicht von der Mehrheit der Kinder.

Wer denkt, dass Kinder durch die Nutzung digitaler Medien andere Hobbies und Interessen verlieren könnten, sorgt sich grundlos. „Im Regelfall geht der über die letzten Jahre in der Altersgruppe der Sechs- bis 13-Jährigen moderat angestiegene Medienkonsum nicht mit einem Verlust anderer Interessen einher. Auf Platz eins der liebsten Freizeitaktivitäten steht nach wie vor das Treffen mit Freunden, auf Platz zwei folgt ‚Draußen spielen’, auf Platz drei Fernsehen – dieses Ranking ist seit vielen Jahren stabil“, sagt Theresa Plankenhorn von der Landesanstalt für Kommunikation in Baden-Württemberg, die ebenfalls an der KIM-Studie beteiligt ist. Somit bleibt das Fernsehen das beliebteste Medium unter Kindern, auch bei den Kleinsten im Kita-Alter. „Früher war das anders, da hat ein Medium das andere verdrängt“, sagt Stefan Aufenanger, Professor für Medienpädagogik und Erziehungswissenschaften an der Universität Mainz. „Heute ist es so, dass die digitalen Medien ein Zusatz sind, da man durch die Mobilität nicht mehr an bestimmte Orte gebunden ist. Kinder können unterwegs, wenn sie von der Schule nach Hause gehen, oder wenn sie bei Freunden sind, ihre Smartphones und Tablets nutzen.“

Tatsächlich genutzt werden die neuen Medien vorwiegend zu Hause und in der Freizeit. Während die Jüngeren überwiegend damit spielen, beginnen Kinder ab ungefähr zehn Jahren zunehmend Suchmaschinen oder Social-Media-Kanäle zu nutzen. Wie genau Kinder Medien nutzen hängt dabei zusätzlich zum Alter auch vom Geschlecht ab. „Wir wissen, dass Jungs eher nach Informationen suchen, die Mädchen eher Chats nutzen. Jungs beschäftigen sich viel stärker mit Computerspielen, während das bei Mädchen nicht so stark ausgeprägt ist. Die Nutzung sozialer Netzwerke beginnt bei Dritt- oder Viertklässlern, die dann zum Beispiel eine WhatsApp-Gruppe haben“, sagt Aufenanger.

„Beim Einsatz von anderen mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets im Schulunterricht geben sich die meisten Schulen in Deutschland noch verhalten.“

Theresa Plankenhorn, Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg

Neben dem Spielen und Chatten haben die Medien auch einen Stellenwert beim Lernen. 54 Prozent der Kinder nutzen regelmäßig zu Hause ein Lernprogramm, ältere Kinder suchen sich im Internet Informationen für Referate und die Hausaufgaben. „Im Schulunterricht selbst werden digitale Medien eher vereinzelt eingesetzt“, sagt Plankenhorn. „Nur zwei von fünf Kindern, die generell Computer nutzen, haben auch schon einmal in der Schule am PC gearbeitet. Die Wahrscheinlichkeit der Nutzung in der Schule ist bei älteren Kindern an einer weiterführenden Schule deutlich höher als bei Grundschülern. Beim Einsatz von anderen mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets im Schulunterricht geben sich die meisten Schulen in Deutschland noch verhalten.“

Festhalten lässt sich somit, dass digitale Medien in allen Altersklassen unserer Kinder Einzug gehalten haben. Besonders in der Freizeit sind Smartphones, Computer und Spielkonsolen beliebt. In der Regel ist der Medienkonsum von Kindern dabei jedoch nicht so hoch, wie es von Kritikern oft befürchtet wird. Die Medien sind zwar ständig präsent und werden in andere Aktivitäten wie beispielsweise die Erledigung der Hausaufgaben oder das Spielen mit Freunden eingebunden, soziale Kontakte und das Spielen im Freien sind für die meisten Kindern aber nach wie vor sehr wichtig.

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