Foto: Daniele Levis Pelusi

E-Zigarette – weniger schädlich, aber nicht gesund

Ist die E-Zigarette wirklich gesünder? Und helfen E-Zigaretten tatsächlich bei der Raucherentwöhnung?

Rauchen ist out, Dampfen ist in. Die E-Zigarette ist als cooler und angeblich unschädlicher Ersatz der herkömmlichen Zigarette seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Aber ist die E-Zigarette wirklich gesünder? Und helfen E-Zigaretten tatsächlich bei der Raucherentwöhnung?

Britische Mediziner haben bei all diesen Fragen eine recht eindeutige Position: „Mediziner halten E-Zigaretten für (einen) Segen“ berichtete unter anderem der Spiegel 2016 und berief sich dabei auf einen Bericht des Royal College of Physician and Public Health England. Dieser bezifferte das Krebsrisiko der E-Zigarette auf nur fünf Prozent des Krebsrisikos beim Rauchen herkömmlicher Zigaretten. E-Zigaretten sind diesem Bericht zufolge deutlich weniger schädlich als normale Zigaretten. Damals wurden diese Ergebnisse vor allem in Deutschland kritisch beäugt, weil es an validen Daten zu den Risiken mangelte. „Wir wissen einfach zu wenig“ – lautete die Sorge deutscher Experten.

„Das große Schadenspotenzial herkömmlicher Zigaretten kommt daher, dass der Tabak verbrannt wird. Bei dem Verbrennungsprozess entstehen tausende Substanzen, von denen mehrere hundert als toxisch bis hin zu krebserregend gelten. Dieses Schadenspotenzial hat man bei der E-Zigarette nicht.“

(Dr. Ute Mons)

„Inzwischen ist es auch international Konsens, dass E-Zigaretten deutlich weniger schädlich sind“, sagt Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). „Das große Schadenspotenzial herkömmlicher Zigaretten kommt daher, dass der Tabak verbrannt wird. Bei dem Verbrennungsprozess entstehen tausende Substanzen, von denen mehrere hundert als toxisch bis hin zu krebserregend gelten. Dieses Schadenspotenzial hat man bei der E-Zigarette nicht“. Da die E-Zigarette ohne die Verbrennung von Tabak auskommt, geht die Gefahr beim Dampfen lediglich von den wenigen Schadstoffen aus, die in den Liquiden vorkommen, auch wenn bisher Langzeitstudien fehlen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass „charakteristische krebserzeugende Verbrennungsprodukte“ bei E-Zigaretten im Vergleich zur Zigarette nicht vorkommen.

„Geschieht dieser Umstieg auf Bevölkerungsebene, erwarten wir eine Abnahme von auf das Rauchen zurückführbare Krankheiten.“

(Prof. Peter Hajek)

E-Zigaretten erleichtern das Aufhören

„Die aktuelle Datenlage zeigt, dass Raucher, die zur E-Zigarette wechseln, auf ein deutlich harmloseres Produkt umsteigen und viele Risiken des Rauchens dadurch vermeiden“, sagt Prof. Peter Hajek von der Queen Mary University, London. „Geschieht dieser Umstieg auf Bevölkerungsebene, erwarten wir eine Abnahme von auf das Rauchen zurückführbare Krankheiten“.

Erste Studien zeigen außerdem, dass die E-Zigarette möglicherweise ein guter erster Schritt sein könnte, um mit dem Rauchen aufzuhören. Die britische Regierung fördert den Umstieg von Zigaretten auf E-Zigaretten deshalb aktiv als Mittel der Raucherentwöhnung. Mit Erfolg sagt Peter Hajek: „Auf Grund unserer liberalen Einstellung gegenüber dem Dampfen haben etwa 1,5 Millionen Bürger über das Dampfen mit dem Rauchen aufgehört und 700.000 von ihnen dampfen heute nicht einmal mehr.“

Die aktive Unterstützung in Großbritannien steht im starken Kontrast zu viele anderen EU-Ländern, die der E-Zigarette eher skeptisch gegenüberstehen. Aus Sicht von Ute Mons ist das auch eine Frage der Kultur: „Großbritannien hat grundsätzlich einen anderen Ansatz in der Tabakentwöhnung. Dort gibt es ‘Stop Smoking Services’, wo Raucher dabei unterstützt werden mit dem Rauchen aufzuhören. Auch das Gesundheitssystem subventioniert Mittel, die der Entwöhnung dienen. Dazu könnte bald auch die E-Zigarette gehören.“ In Deutschland hingegen sind Zigaretten aus Sicht der Krankenkassen ein Lifestyle-Produkt, weshalb das Aufhören mit der E-Zigarette nicht gefördert wird. Wer in Deutschland von einer normalen Zigarette auf eine E-Zigarette umsteigt, verändert in der juristischen Auslegung in Deutschland also nur seinen Lebensstil. „Außerdem hat sich die Schadensminderung als Entwöhnungsstrategie in Deutschland noch nicht durchgesetzt“, so Mons.

Ein weiterer Grund für die relative Zurückhaltung in Deutschland und einigen anderen EU-Ländern ist die mediale Berichterstattung: „E-Zigaretten sind relativ neu und wir wussten am Anfang sehr wenig über sie. Deshalb wurde erstmal viel gewarnt und es gab folgerichtig viele negative Schlagzeilen über E-Zigaretten. Das hat sich, obwohl der wissenschaftliche Konsens inzwischen ein anderer ist, in den Medien immer noch nicht geändert“.

Infobox: Passivdampf

Bisher noch wenig untersucht ist das Passivdampfen – also das Pendant bei E-Zigaretten zum Passivrauchen . Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung zeigt, dass beim Dampfen ultrafeine Partikel freigesetzt werden, die beim Inhalieren in der Lunge weiter schrumpfen und sich mit der Zeit ganz auflösen. Tabak-Zigaretten hingegen setzen feste Partikel frei, die sich in der Raumluft lange halten können. Dadurch ist das Risiko beim Passivdampfen wohl geringer als beim Passivrauchen. Trotzdem verunreinigen auch E-Zigaretten die Luft, gerade in geschlossenen Räumen. 

„Man muss hier den Spagat machen, dass E-Zigaretten für Raucher eine gute Alternative sein können, aber für Nichtraucher trotzdem ein Produkt mit Gefährdungspotenzial und kein harmloses Lifestyle-Produkt sind.“

(Dr. Ute Mons)

Weniger schädlich, aber nicht gesund

Völlig verharmlosen sollte man den Gebrauch von E-Zigaretten allerdings nicht. Denn E-Zigaretten machen dennoch nikotinabhängig. „Man muss hier den Spagat machen, dass E-Zigaretten für Raucher eine gute Alternative sein können, aber für Nichtraucher trotzdem ein Produkt mit Gefährdungspotenzial und kein harmloses Lifestyle-Produkt sind“, sagt Mons. Denn viele der Aromen enthalten Stoffe, die zu Atemwegsreizungen und Allergien führen können. Und auch das BfR warnt in seiner Stellungnahme davor, dass die „Nikotinaufnahme, die im Liquid erhitzten Aromastoffe und das fehlende Wissen über Langzeitfolgen ein Gesundheitsrisiko darstellen“.

Als problematisch gilt außerdem, dass es eben nicht die eine E-Zigarette gibt, sondern viele verschiedene Variationen und Sorten. Dadurch lassen sich unterschiedliche Studien zur Schädlichkeit kaum miteinander vergleichen. Das individuelle Nutzungsverhalten spielt außerdem eine große Rolle dabei, wie schädlich eine E-Zigarette ist. So ist beispielsweise die Dauer der Nutzung eines Geräts ein Faktor bei der Freisetzung von Chemikalien, wie eine Studie im Journal Environmental Science and Technology zeigt. Je länger ein Verdampfer bereits genutzt wurde, desto mehr Chemikalien wie Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein werden dabei freigesetzt.

„Auch deshalb gilt es, eine Art von Regulierung zu schaffen, die die E-Zigarette für Jugendliche und Nichtraucher unattraktiv macht“, sagt Mons. Denn Experten sorgen sich darum, dass Jugendliche zu einer neuer Generation an Nikotinabhängigen heranwachsen. „Allerdings müssen wir es schaffen, diese so zu gestalten, dass sie für Raucher trotzdem als mögliche Alternative zur Zigarette attraktiv bleibt“. Die Aufnahme von E-Zigaretten ins Jugendschutzgesetz und die Regulierung von Inhaltsstoffen und Behältern in der Europäischen Tabakrichtlinie bewertet Mons als positive erste Schritte auf diesem Weg, auch wenn es immer noch zu viele Grauzonen gibt – gerade im Bereich des Verbraucherschutzes.

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