Welche Herausforderungen gibt es in Deutschland bei der Nutzung von grüner Gentechnik für die Pflanzenzüchtung?
Durch das europäische Gentechnikrecht haben wir aktuell einen gesetzlichen Rahmen, der grüne Gentechnik pauschal behindert. Der Zulassungsprozess ist sehr aufwendig, wodurch die Technologie momentan für Züchtungsfirmen kaum umsetzbar ist. Und das obwohl diese Pflanzen und Methoden genauso sicher sind, wie klassische Züchtungsverfahren. Es braucht ein Gentechnikrecht das sinnvolle Anwendungen dieser Technologien ermöglicht, um bestenfalls gemeinwohlorientiert und entsprechend der Nachhaltigkeitsziele der EU für die Pflanzenzüchtung nutzbar macht.
Und welche gesellschaftlichen und kommunikativen Herausforderungen sehen Sie in Bezug auf grüne Gentechnik?
Die gesellschaftliche Akzeptanz ist ganz zentral und grüne Gentechnik ist natürlich ein sensibles Thema. Denn am Ende betrifft es die Nahrungsmittel, die wir täglich essen. Entsprechend kann man auch verstehen, dass Menschen dabei emotional sind und häufig auf ihr Bauchgefühl hören. Hier setzten wir mit unserer Initiative durch Wissenschaftskommunikation an. Wir informieren, wie Pflanzenzüchtung bisher abgelaufen ist und erklären Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten zu gentechnischen Verfahren, um den Kontext zu den gesellschaftlich viel diskutierten Fragen herzustellen. Dabei gehen wir auch auf kritische Punkte ein, damit ein konstruktiver Diskurs entstehen kann. Nur so kann jeder ein rationales Urteil fällen.
Inwieweit hat der aktuellen Krieg den Diskurs um eine notwendige Agrarwende verändert?
Mein Eindruck ist, dass – im Zuge der Nahrungsmittelverknappung durch den Ukraine Krieg – stärker ins Bewusstsein gerufen wurde, wie fragil das Ernährungssystem ist. Wenn die Lieferungen von zwei großen Produzenten ausfallen, ist das Ernährungssystem für weite Teile der Welt nicht mehr gesichert. Es zeigt, dass die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln nicht selbstverständlich ist und was für eine wichtige Rolle Landwirtschaft in Europa und global spielt. Meine Hoffnung ist, dass dadurch konstruktiver und ergebnisoffener darüber diskutiert wird, wie man die Nahrungsmittelproduktion sicherer und gleichzeitig nachhaltiger gestalten kann, um mehr Ernährungssicherung zu erreichen. Das kann gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse ausreichend Beachtung finden. Das wäre das, was wir uns unter einer Progressiven Agrarwende vorstellen.