Welche möglichen Anwendungen sowohl im medizinischen als auch im landwirtschaftlichen Bereich finden Sie persönlich am spannendsten?
Besonders vielversprechend ist CRISPR-Cas9 bei der Entwicklung therapeutischer Maßnahmen gegen schwere genetische Erkrankungen, z.B. bei Krebs, HIV-Infektionen oder der Sichelzellenanämie. Für die Landwirtschaft ist die Technologie u.a. interessant für eine neue Generation von Saatgut, das dem Klimawandel besser standhält.
Viele Menschen haben Angst vor der Anwendung an Embryonen – wie sehen Sie das? Brauchen wir mehr Regulation?
CRISPR-Cas9 ist noch eine sehr junge Technologie, aber wir bei ihrer Entwicklung für mehrere Veränderungen an der DNA und ihrer Expression in vielen unterschiedlichen Körperzellen und Modellorganismen große Fortschritte gemacht. Alle potentiellen therapeutischen Anwendungen, die sich aktuell in der Entwicklung befinden, konzentrieren sich aber ausschließlich darauf, Körperzellen zu verändern. Daher können wir noch gar nicht sagen, ob es irgendwann einmal einen akzeptablen Gebrauch der Technologie jenseits von Körperzellen geben wird. Wir müssen uns allerdings klarmachen, dass neue Entdeckungen und ihre Anwendung auch mit einer gewissen Verantwortung einhergehen. Genau wie bei jeder anderen Technologie, die Gene gezielt verändert, müssen wir sichergehen, dass die richtigen Maßnahmen für Sicherheit und Effizienz getroffen werden – insbesondere, wenn es um mögliche Therapien geht, die Patienten miteinschließen. Ethisch bedenkliche Anwendungen müssen verboten sein.
Allerdings möchte ich auch betonen, dass die Forschung an menschlichen embryonalen Zellen unserem Verständnis der ganz frühen Entwicklungen von Leben zugutekommen und dabei helfen könnte, die Mechanismen, die der Entwicklung bestimmter Krankheiten zugrunde liegen, aufzuklären. Zurzeit wird CRISPR-Cas9 in dieser Hinsicht weiterentwickelt.
Es ist sicher kein einfaches Unterfangen, aber wir brauchen eine breit angelegte und globale Debatte, die alle Akteure miteinschließt: Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Disziplinen – von der Landwirtschaft bis zur Biomedizin, Ärzte, Forscher und Entwickler. Dazu kommen gemeinsame Initiativen und Richtlinien. Nur so können wir den Missbrauch der Technologie verhindern ohne die Forschung und Entwicklung bei den sicheren und nützlichen Anwendungen zu behindern.