Foto: Naturkunde- und Mammut-Museum Siegsdorf

Kehrt das Mammut zurück?

Genchirurgie in der Tierwelt

Dodo, Riesenseekuh und Mammut teilen eine traurige Gemeinsamkeit: Sie sind ausgestorben. Ausgestorben, auch wegen des unvorsichtigen Umgangs des Menschens mit der Natur. Nun könnte die Technologie CRISPR/Cas die Tiere wiederauferstehen lassen. Als Wunderwaffe der Gentechnik in der Pflanzenzucht und Medizin gefeiert, könnte CRISPR/Cas das Mammut zurück in die sibirische Tundra holen.

Erste Schritte dahin jedenfalls sind gemacht. Schwedischen Forschern ist es zumindest gelungen das Erbgut zweier Mammute komplett zu entschlüsseln. Einmal entschlüsselt, könnte mit CRISPR/Cas das Erbgut von lebenden Tieren Buchstabe für Buchstabe umgeschrieben werden. Denn das Erbgut des asiatischen Elefants, der nächste lebende Verwandte des Mammuts, ist zu 99,5 Prozent identisch mit dem des Mammuts. Bei rund vier Milliarden Buchstaben-Bausteinen, sind das zwar immer noch etwa 20 Millionen Unterschiede, aber nicht alle Unterschiede sind für das Aussehen und den Charakter des Mammuts relevant.

So hat bereits ein Forschungsteam um George Church, Genetiker an der Harvard University, einzelne Bausteine der Elefanten-DNA in Mammut-DNA verändern können. Das schaffte er auch in Hautzellen, sodass diese die Mammutgene für lange Haare und Unterhautfett tragen. Doch ab wann ist ein Mammut tatsächlich ein Mammut? Sind lange Haare, größere Stoßzähne und die Fähigkeit in der Kälte zu leben ausreichend, oder braucht es viel mehr artspezifische Eigenschaften?

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Die Reproduktion ausgestorbener Arten ist zwar dank CRISPR/Cas theoretisch möglich, aber ich glaube nicht, dass das über kurz oder lang passieren wird.

(Prof. Dr. Angelika Schnieke)

Doch selbst dann, wenn es gelingt noch mehr Bausteine der Elefanten-DNA umzuwandeln, bleibt die Entwicklung eines Mammut-Embryos zweifelhaft. „Man braucht Eizellen, an die man nicht so einfach herankommt und auch die Reproduktionsmedizin hierfür ist recht komplex“ sagt Prof. Dr. Angelika Schnieke, Biomedizinerin an der Technischen Universität München.

So erscheint die Rückkehr des Mammuts – wie auch anderer Tierarten – doch sehr unwahrscheinlich. „Die Reproduktion ausgestorbener Arten ist zwar dank CRISPR/Cas theoretisch möglich, aber ich glaube nicht, dass das über kurz oder lang passieren wird,“ sagt Schnieke.

Es geht vor allem darum die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern, was diese Technologie ermöglicht.

(Prof. Dr. Angelika Schnieke)

Im Nutztierbereich ist man dahingegen bereits einen Schritt weiter. Schweine, die gegen aggressive PPRS-Viren resistent sind oder Rinder, die keine Hörner ausbilden – CRIPSR/Cas könnte hierfür die Lösung sein. „Es geht vor allem darum die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern, was diese Technologie ermöglicht“, so Schnieke.

Die Entwicklung findet bislang allerdings nur im Labor statt und auch die rechtliche Regulierung ist noch unklar. Denn momentan fallen mittels CRISPR/Cas hervorgerufene Genmodifikationen bei Nutztieren unter die gleichen Regulierungen wie Pflanzen. „Viele Züchter zeigen ein großes Interesse und fragen ganz konkret: ‘Was passiert mit diesen Methoden?’ Wie kann ich die Tiergesundheit, die Lebensqualität und die Reproduktion verbessern?’“, so Schnieke.

Sie selbst forscht an ihrem Institut an der Xenotransplantation mit CRISPR/Cas – also der Übertragung von lebens- und funktionstüchtigen Zellen zwischen verschiedenen Spezies. Ihre Hoffnung: Schweineorgane in Zukunft zu transplantieren und dadurch Menschenleben zu retten. Auch, wenn die Entwicklung noch Zeit benötigt: „In Menschen konnten noch keine ganzen Organe von Schweinen transplantiert werden, aber derzeitige Experimente lassen einen optimistisch stimmen“, sagt Schnieke zum Stand der Forschung.

Solange nicht nur in der Xenotransplantation konkrete Anwendungsfälle fehlen und die rechtliche Lage unsicher ist, lässt sich über CRISPR/Cas explizit kontrovers diskutieren: Denn ein Schwein ist keine Maispflanze, eine Kuh kein Champignon, ein Mammut kein Urweizen. Die Diskussion muss also auch darüber geführt werden, ob Genome Editing im Tierreich wie bei Pflanzen reguliert oder wie bei menschlichen Embryonen restriktiv behandelt werden sollte. Und wir sollten darüber nachdenken, wie wir als Menschheit mit Tieren zukünftig umgehen wollen.

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