Covid-19 Impfstoff
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Durch Kommunikation Vertrauen schaffen

Akzeptanz für einen Impfstoff durch Wissenschaftskommunikation in der Corona-Pandemie

In den letzten Tagen gab es zunehmend gute Nachrichten im Hinblick auf die Suche nach einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2. Sowohl BioNTech als auch Moderna meldeten erste Erfolge und befinden sich nun im Verfahren um die Zulassung. Doch selbst wenn die Impfstoffe zeitnah zugelassen werden – die Bereitschaft sich impfen zu lassen ist momentan nicht sehr groß. Laut einer Studie in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „The European Journal of Health Economics” gaben nur etwa 60 bis 70 % der Befragten in Deutschland an, dass sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen würden. 

„Ich glaube, dass der Impfstoff deshalb bei einem vergleichsweise hohen Anteil der Bevölkerung auf Ablehnung oder Skepsis stößt, weil er so neu und noch weitestgehend unbekannt in seiner Wirkung ist.“

Dr. Carolin Thiem, Beraterin für Soziale Innovationen und Gesellschafftliche Fragen der Digitalisierung am Institut für Innovation und Technik (IIT) in Berlin

Für das mangelnde Vertrauen und die Verunsicherung, die hinsichtlich eines Impfstoffes besteht, gibt es verschiedene Gründe. Einen dieser Gründe nennt Dr. Carolin Thiem, Beraterin für Soziale Innovationen und Gesellschaftliche Fragen der Digitalisierung am Institut für Innovation und Technik (IIT) in Berlin: „Ich glaube, dass der Impfstoff deshalb bei einem vergleichsweise hohen Anteil der Bevölkerung auf Ablehnung oder Skepsis stößt, weil er so neu und noch weitestgehend unbekannt in seiner Wirkung ist.“ Viele Menschen hätten daher Angst vor eventuell auftretenden Nebenwirkungen und dass diese in den bestehenden Studien noch nicht ausreichend erforscht wurden, so Thiem. Für Prof. Dr. Marius R. Busemeyer, Politikwissenschaftler und Leiter der Arbeitsgruppe für Vergleichende Politische Ökonomie an der Universität Konstanz, gibt es darüber hinaus noch weitere Gründe: „Die Suche nach einem Impfstoff ist in der Regel sehr komplex. Viele Menschen können daher den Ablauf der Impfstoffforschung nur schwer nachvollziehen, sind mit Fachbegriffen überfordert und lehnen ihn deshalb zunächst ab.” Ähnlich wie bei der Grippeimpfung gebe es zudem Bedenken in der Bevölkerung, dass ein möglicher Impfstoff gegen SARS-CoV-2 nicht helfen werde. 

Die Herausforderung für Politik, öffentliche Behörden und Wissenschaft gleichermaßen besteht also darin, öffentliches Vertrauen und Akzeptanz für einen Impfstoff zu schaffen. Busemeyer bewertet die bisherige Kommunikation von Politik und Wissenschaft zunächst als positiv: „Unter den momentan schwierigen Umständen würde ich die Informationspolitik zur Impfstoffsuche als recht transparent beschreiben. Dass der Fokus dabei auf den wissenschaftlichen Daten und Fakten liegt, ist wichtig und richtig.“ Thiem kritisiert hingegen die politische und wissenschaftliche Kommunikation mit der Gesellschaft: „Es wird viel zu viel über Ergebnisse gesprochen und wenig über Prozesse. Bei so einem gesellschaftlichen und vor allem internationalen Thema ist der Weg zu wissenschaftlichen Ergebnissen umso relevanter.“ 

„Der Wettbewerb um einen ersten Impfstoff sollte meiner Meinung nach in den Medien vermieden werden, da dadurch andere Aspekte zu kurz kommen. Der Fokus sollte sowohl in der Wissenschaft selbst als auch in der Berichterstattung eher auf einen zuverlässigen und sicheren Impfstoff gelegt werden.”

Prof. Dr. Marius R. Busemeyer, Politikwissenschaftler und Leiter der Arbeitsgruppe für Vergleichende Politische Ökonomie an der Universität Konstanz

Eine wichtige Rolle in der Kommunikation über die Entwicklung eines Impfstoffs spielen dabei auch die Medien. Bekanntermaßen neigen diese zu einer sogenannten Horse-Race-Berichterstattung, also der Darstellung der Impfstoffsuche im Form eines Wettbewerbs. Busemeyer kritisiert diese Tendenz: „Der Wettbewerb um einen ersten Impfstoff sollte meiner Meinung nach in den Medien vermieden werden, da dadurch andere Aspekte zu kurz kommen. Der Fokus sollte sowohl in der Wissenschaft selbst als auch in der Berichterstattung eher auf einen zuverlässigen und sicheren Impfstoff gelegt werden.” Für die Akzeptanz einer Impfung spielt das sicherlich eine große Rolle. 

Informationspolitik und Kommunikation zur Impfstoffverteilung

Neben der Impfstoffsuche und den Fragen nach einer Akzeptanz eines Impfstoffes wird nun auch die Frage nach einer sinnvollen und gerechten Verteilung des Impfstoffes zunehmend relevanter. Auch dieses ethisch sensible Thema fordert eine vertrauenswürdige Kommunikation der involvierten wissenschaftlichen und politischen Akteure. Thiem fordert hierzu eine verstärkte Kommunikation: „Es ist wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, dass es am Anfang erst einmal nicht für alle einen Impfstoff geben wird, denn in vielen Bevölkerungsgruppen könnte die Verteilung eines Impfstoffes auf Unverständnis stoßen.” 

Umso wichtiger, dass die Ergebnisse von einer Expertenkommission aus Ständiger Impfkommission (STIKO), Deutschem Ethikrat und der Leopoldina Nationalen Akademie der Wissenschaften, welche vergangene Woche vorgestellt wurden, nun auch breit kommuniziert und diskutiert werden. Neben der Hoffnung, dass mit einer dazu beginnenden Kommunikation die Impfbereitschaft wächst, könnte die Impfstoffverteilung allerdings auch laut Thiem zu weiteren Diskussionen führen: „Meiner Meinung nach wird es bei Frage der Verteilung in der Bevölkerung noch einmal heiß hergehen. Das könnte auch zur Folge haben, dass das Vertrauen weiter sinkt und sich die Leute nicht impfen lassen.“

„Die aktuelle Situation erlaubt es nicht anders, als dass immer wieder neue Informationen kommen und Informationen auch wieder revidiert werden. So funktioniert Wissenschaft. Von diesen Prozessen bekommt man nicht so viel in der Öffentlichkeit mit.“

Dr. Carolin Thiem, Beraterin für Soziale Innovationen und Gesellschafftliche Fragen der Digitalisierung am Institut für Innovation und Technik (IIT) in Berlin

Um öffentliches Vertrauen in der Impfstoff-Debatte zu erhalten, ist es zunächst einmal wichtig, dass die Funktionsweisen der Wissenschaft deutlich gemacht werden – und beispielsweise auch Unsicherheiten und Schwierigkeiten kommuniziert werden. „Die aktuelle Situation erlaubt es nicht anders, als dass immer wieder neue Informationen kommen und Informationen auch wieder revidiert werden. So funktioniert Wissenschaft. Von diesen Prozessen bekommt man nicht so viel in der Öffentlichkeit mit“, sagt Thiem. 

Klar ist, viele Menschen sind durch die aktuelle Impfstoff-Debatte verunsichert. Eine transparente, sachliche und ständige Kommunikation von Politik und Wissenschaft kann dem entgegenwirken und für eine größere Akzeptanz eines Impfstoffes sorgen. 

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