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Cultured Meat, In-vitro-Fleisch, Laborfleisch – Was ist das?

Begriffe und Verfahrensweisen rund um Fleisch aus dem Labor

Was ist Cultured Meat und wie wird es hergestellt?

Cultured Meat ist künstlich hergestelltes Fleisch, das im Labor durch ‘Tissue Engineering’ (deutsch: Gewebezucht) hergestellt wird. Deshalb auch umgangssprachlich Laborfleisch genannt. Tissue Engineering bezeichnet die Gewebezucht im Labor – die künstliche Herstellung biologischen Gewebes von Tier oder Mensch durch die Kultivierung von Zellen. Es ist eine Methode zum Wachstum von Organismen.

Für die Herstellung von Fleisch aus dem Labor wird dem Tier, beispielsweise einem Rind, zuerst Muskelgewebe entnommen. Der Probe des Muskelgewebes werden im Labor Stammzellen entzogen. Diese werden einem Nährmedium zugefügt, sodass sich die Zellen vermehren können. Das Nährmedium besteht aus Zucker, Fetten, Wachstumsfaktoren sowie anderen Proteinen. Eine der am häufigsten verwendeten und bisher wirksamsten Nährlösungen ist fetales Kälberserum. Dafür wird einem ungeborenen, noch lebenden Kalb im Bauch der Mutter Blut entnommen. Dabei stirbt der Fötus. Die schwangere Kuh wird anschließend meist geschlachtet.

Nachdem die Stammzellen im Nährmedium herangewachsen sind, werden sie auf ein Gerüst, meist aus tierischem Kollagen, aufgetragen. Auf diesen sogenannten Scaffold wachsen sie zu einer Masse zusammen. Für einen Hamburger werden etwa 20.000 solcher Muskelzellen benötigt (fleischatlas). Für den Geschmack des Fleischproduktes werden im Labor heranwachsende Fettzellen, mithilfe des gleichen Verfahrens, mit der Muskelmasse vermischt. Abschließend wird die Fleischmasse in die gewünschte Form, meist Hackfleisch, gebracht.

 

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Wenn Kälberserum als Nährmedium genutzt wird, ist Fleisch aus dem Labor nicht frei von Tierleid. Viele Forschende arbeiten daher mit Hochdruck an anderen Lösungen; u.a. pflanzlichen Nährlösungen aus Pilzen oder Algen.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Herstellung?

1. Fleischsorten: Bisher kann vor allem Hackfleisch im Labor hergestellt werden. Andere Formen sind schwierig, da ein dreidimensionales Trägergerüst nötig wäre, um beispielsweise Steak herzustellen. Dennoch hat ein israelisches Unternehmen mithilfe eines 3D Druckers ein Steak im Labor hergestellt (Aleph Farms).

2. Alternativen zum Kälberserum: Um Fleisch aus dem Labor herzustellen, ohne dass Tiere getötet werden, braucht es andere Nährmedien und Wachstumsfaktoren für die Stammzellen. Eine Möglichkeit wäre eine Nährbodenbasis aus Pilzextrakt oder Algen. Aktuell wird an solchen Alternativen geforscht, die vielversprechend scheinen, aber bisher nur bedingt Kälberserum ersetzen.

3. Umweltbilanz: Für die Herstellung von Fleisch im Labor wird viel Strom benötigt. Deshalb ist der Energie- und Wasserverbrauch bei Laborfleisch zum derzeitigen Stand laut Umweltbundesamt nur minimal geringer als bei der traditionellen Fleischproduktion (Umweltbundesamt 2020). Die Umweltbilanz traditioneller Fleischproduktion hängt jedoch stark vom geschlachteten Tier ab: Rindfleisch hat einen viel größeren Verbrauch als Hühnerfleisch. Deshalb würde Rindfleisch aus dem Labor mehr Vorteile für die Umwelt bringen. Die Flächennutzung kann durch Fleisch aus dem Labor reduziert werden.

 

 

Was sind Novel-Foods?

Novel Foods – auf deutsch: neuartige Lebensmittel – sind Lebensmittel, die vor 1997 nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Deshalb müssen diese Lebensmittel zuerst einer Risikobewertung unterzogen werden, bevor sie auf dem Markt angeboten werden. Dieser Zulassungsprozess ist durch die Novel-Food-Verordnung der EU (2015/2283) geregelt. 

Zu sogenannten Novel Foods zählen eine Vielzahl an Lebensmittel, die mindestens unter eine der zehn festgelegten Kategorien fallen müssen. So sind beispielsweise Lebensmittel zu prüfen, die Mikroorganismen, Pilze oder Algen, Pflanzen oder Pflanzenteile oder auch Zell- oder Gewebekulturen enthalten. Zudem zählen Lebensmittel dazu, die durch neuartige, nicht übliche Verfahren hergestellt wurden. Bisher bekannte Novel Foods sind beispielsweise Chiasamen, Arganöl, Mikroalgen und Hanf. Auch verschiedene Insektenarten, wie Mehlkäfer, Wanderheuschrecken oder Hausgrillen, zählen seit 2021/23 zu Novel Foods.

Auch Fleisch aus dem Labor zählt in der EU zu Novel Foods und müsste somit das gleiche Zulassungsverfahren durchlaufen: Die gesundheitliche Sicherheit müsste bestätigt werden und eine passende Kennzeichnung für Verbraucher*innen müsste herausgearbeitet werden. Zuerst wird dies von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit geprüft. Anschließend entscheidet die Europäische Kommission über die Zulassung.

 

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Bisher würden von keinem Unternehmen eine Zulassung für Cultured Meat als Novel Food in der EU eingereicht. Schätzungen zufolge würde das Verfahren bei Einreichung etwa 20 Monate dauern (bzfe).

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