Die Grundlage für all diese Modelle und Tools sind Daten aus der Vergangenheit und aus aktuellen Forschungsprojekten. „Eine hohe Datenqualität ist von großer Bedeutung für uns“, sagt Curioni. „Darüber hinaus müssen wir sichergehen, dass die Algorithmen, die wir einsetzen, zuverlässig sind, nachvollziehbar arbeiten und keine Verzerrungen enthalten. Sonst können wir keinen Erfolg haben.“ Gerade letzteres ist häufig ein Problem, wenn die Systeme auf alten Daten und Experimenten basieren. „Da die technischen Möglichkeiten, Daten zu bereinigen und von Fehlern zu befreien, ebenso wie die Analyse-Verfahren allerdings immer besser werden, glaube ich, dass die Qualität sich künftig noch weiter steigern lässt und die Probleme damit geringer werden“, sagt Meisel.
Meisel sieht zwei mögliche Richtungen, in die die Entwicklung in den kommenden Jahren gehen könnte: „Wir werden entweder eine Optimierung der Einzelschritte des aktuellen Modells sehen oder eine komplette Transformation, bei der der Patient in den Fokus der Medikamentenentwicklung rückt“, sagt er. In letzterem sieht er dabei das größere Potenzial, vor allem, weil eine stärker individualisierte Medizin letztendlich auch eine gesteigerte Effizienz bedeute. Denn je mehr über den Patienten bekannt ist, desto zielgerichteter können Medikamente auch eingesetzt werden.
Langfristig würden sich so die Gesamtkosten der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung senken und ihre Effizienz verbessern lassen. Profitieren würden davon auch das Gesundheitssystem und die Versicherer, da sie viele nicht wirksame Behandlungen der Non-Responder einsparen würden, und somit das Kosten-Leistungs-Verhältnis und die Gesamtkosten pro Patient senken könnten.
„Dieser Weg würde allerdings einen massiven Einschnitt ins System bedeuten, und dazu müsste man einen aktuell noch in vielen Bereichen vorherrschenden Konservatismus überwinden“, sagt Meisel. „An diesem hakt aktuell aus meiner Sicht die breite Überführung der neuen Möglichkeiten in die Anwendung. Ich glaube aber, dass die Entwicklung künftig weiter Fahrt aufnehmen wird. Auch deshalb, weil große Firmen, wie Amazon, Google oder Apple, stark in den Bereich investieren und damit erhebliches Momentum erzeugen.“