Zudem sieht sich auch die Methodik der Meinungsforschungsinstitute in Deutschland immer stärkeren Herausforderungen gegenüber. Einer der Hauptgründe: Das Entstehen und der Aufstieg neuer Parteien. War einst der Aufstieg der Piratenpartei zunächst nicht zu erfassen, wiederholte sich das Phänomen bei der AfD. „Es ist natürlich viel einfacher, ein Modell zu berechnen, wenn über Jahre hinweg die gleichen Parteien eine Rolle spielen“, sagt Holger Geißler, Head of Research bei YouGov in Deutschland: „Seit dem Aufkommen neuer Parteien sind Wahlumfragen schwieriger geworden, weil die Modelle ständig neu angepasst werden müssen.“ Alle diese Einflussfaktoren zu berücksichtigen benötigt mathematische Finessen. „Alle Institute gewichten ihre Daten nach einem bestimmten Schlüssel, damit am Ende das herauskommt, was sie als mögliche Wahlergebnisse publizieren“, erklärt Rüdiger Schmitt-Beck: „Aber man weiß niemals, unter welchen Bedingungen diese Verfahrensweise gut funktioniert und unter welchen Bedingungen nicht mehr.“ Genau diese Schlüssel müssten also permanent nachjustiert werden.
Dieser in renommierten, wie auch neu aufkommenden Meinungsforschungsinstituten, oft wie ein Betriebesgeheimnis gehütete Gewichtungsschlüssel sollte nicht nur Parteidynamiken erfassen können, sondern aus den Anteil unentschlossenen Wähler und dem Einfluss strategischer Wahlüberlegungen abbilden. Gerade weil so viele Faktoren beachtet werden müssen, kann eine Vorhersage gründlich daneben gehen. So passiert zum Beispiel, als die AfD in den Landtagswahlen 2016 zunächst permanent besser abschnitt als vorhergesagt, bis die Gewichtungsschlüssel entsprechend angepasst wurden.