Zudem sieht sich auch die Methodik der Meinungsforschungsinstitute in Deutschland immer stärkeren Herausforderungen gegenüber. Einer der Hauptgründe: Das Entstehen und der Aufstieg neuer Parteien. War einst der Aufstieg der Piratenpartei zunächst nicht zu erfassen, wiederholte sich das Phänomen bei der AfD. „Es ist natürlich viel einfacher, ein Modell zu berechnen, wenn über Jahre hinweg die gleichen Parteien eine Rolle spielen“, sagt Holger Geißler, Head of Research bei YouGov in Deutschland: „Seit dem Aufkommen neuer Parteien sind Wahlumfragen schwieriger geworden, weil die Modelle ständig neu angepasst werden müssen.“ Alle diese Einflussfaktoren zu berücksichtigen benötigt mathematische Finessen. „Alle Institute gewichten ihre Daten nach einem bestimmten Schlüssel, damit am Ende das herauskommt, was sie als mögliche Wahlergebnisse publizieren“, erklärt Rüdiger Schmitt-Beck: „Aber man weiß niemals, unter welchen Bedingungen diese Verfahrensweise gut funktioniert und unter welchen Bedingungen nicht mehr.“ Genau diese Schlüssel müssten also permanent nachjustiert werden.
Dieser in renommierten, wie auch neu aufkommenden Meinungsforschungsinstituten, oft wie ein Betriebesgeheimnis gehütete Gewichtungsschlüssel sollte nicht nur Parteidynamiken erfassen können, sondern aus den Anteil unentschlossenen Wähler und dem Einfluss strategischer Wahlüberlegungen abbilden. Gerade weil so viele Faktoren beachtet werden müssen, kann eine Vorhersage gründlich daneben gehen. So passiert zum Beispiel, als die AfD in den Landtagswahlen 2016 zunächst permanent besser abschnitt als vorhergesagt, bis die Gewichtungsschlüssel entsprechend angepasst wurden.
26.08.2017, 15:20 Uhr
Vertrauen sie Wahlumfragen?
Irgendwie impliziert der linke Ausschlag des Pendels ja, dass Umfragen eine Prognose für die Wahl am 24.09.2017 darstellen.
Das dem nicht so ist, wurde bereits von vielen Meinungsforschern und Experten betont.
Daher ist auch die Überschrift:“Vertrauen sie Wahlumfragen“, nicht passend.
Hier gehts dann ja weniger darum ob man Wahlumfragen vertraut, als das man glaubt Wahlumfragen würden eine Prognose darstellen.
Insgesamt tolle Interviews und Artikel zu dem Thema, aber die Umfrage am Ende dieses Artikels ist irreführend.
28.08.2017, 14:35 Uhr
Lieber Alexander Hentschel,
vielen Dank für Ihr Lob für Interviews und Artikel, Schön, dass Ihnen unsere Beiträge gefallen!
Was ihren Punkt der Umfrage angeht, haben Sie absolut recht. Natürlich sind Umfragen eben keine Prognosen und das wurde auch in vielen unserer Beiträgen erwähnt. Umso unangenehmer, dass wir scheinbar dies genau in unserer Umfrage suggerieren. Ein Faux-Pas, für den wir uns entschuldigen.
Viele Grüße
Ihr Debatten-Team
29.08.2017, 20:39 Uhr
Vertrauen sie Wahlumfragen?
Die Frage habe ich zwar mit ja beantwortet, fand sie aber nicht sonderlich präzise. Eine Wahl liefert in den wenigsten Fällen ein schwarz-weiß Ergebnis. Da wir nur prozentuale Anteile als Ergebnis der Wahl 2017 erhalten, hätte ich eine Frage nach der Genauigkeit von Wahlumfragen für besser befunden.
Um meine Antwort nun zu differenzieren, sage ich, eine Abweichung von +- 20% sollte immer erreichbar sein, +- 12 % nur direkt vor der Wahl. Eine höhere Genauigkeit erwarte ich keinesfalls.