Bild eines Atomkraftwerks
Foto: Clemens van Lay / Unsplash

Atomendlager – Das war die Debatte

Eine Zusammenfassung

Der Atomausstieg Deutschlands Ende 2022 rückt immer näher. Mit dem Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vom 28. September 2020 erlangte die Suche nach einem Atommüll-Endlager erneut Aufmerksamkeit in den Medien. Die Debatte hat sich in den vergangenen Wochen mit den Herausforderungen, die der Bau eines Endlagers für radioaktive Abfälle mit sich bringt, beschäftigt. Dazu hat Die Debatte am 29. September eine Live-Diskussion mit wissenschaftlichen Expert*innen durchgeführt und über den aktuellen Stand sowie den weiteren Prozess diskutiert. 

Für eine Million Jahre sollen 27.000 Kubikmeter Atommüll nach dem Ausstieg aus der Kernkraft vor der Außenwelt verwahrt werden. Um die Wichtigkeit eines sicheren und langfristigen Endlagers zu verstehen, muss man sich zunächst mit den gesundheitlichen Risiken von radioaktiver Strahlung beschäftigen. Diese kann beim Menschen zu einer Schädigung von Zellen und schließlich zu Krebserkrankungen führen – daher stellt das Thema Strahlenschutz einen wichtigen Aspekt in der Debatte dar.

„Im Hinblick auf den Strahlenschutz soll bei Endlagern sichergestellt werden, dass selbst in einer Million Jahre zusätzlich nicht mehr als 10 Mikrosievert Strahlendosis pro Jahr entstehen.“

Prof. Dr. Werner Rühm vom Institut für Strahlenmedizin am Helmholtz Zentrum München und Vorsitzender der deutschen Strahlenschutzkommission (SSK)

Da aktuell aufgrund der mangelnden Sicherheit und Sicherung keine langfristig sichere Lagerung des Atommülls in den Zwischenlagern besteht, erforscht die BGE zur Zeit Gebiete, die für eine Endlagerung in Frage kommen. Neben den drei geeigneten Wirtsgesteinen Ton, Salz und Kristallin muss ein Endlagerstandort für Atommüll einige weitere geologische Anforderungen erfüllen. Damit beschäftigt sich unser Text „Ton, Salz oder Kristallin? Geologische Kriterien und die komplexe Suche nach einem Endlager”. 

„Allgemein sollten potentielle Regionen für ein Atommüll-Endlager eine ausreichende Entfernung zu geologischen Zonen mit Klüften und Brüchen im Gestein sowie eine geringe Hebungsrate der Gesteinsschichten und eine niedrige natürliche Erdbebenaktivität besitzen.“

Prof. Dr. Christoph Clauser, Professor für angewandte Geophysik und geothermische Energie an der RWTH Aachen University 

Wie das weitere Vorgehen nach der Eingrenzung der geeigneten Teilgebiete aussieht, beschreiben die „12 Schritte zu einem Atommüll-Endlager.“ Dabei werden in der nahen Zukunft verschiedene Formate der Öffentlichkeitsbeteiligung umgesetzt, um möglichst alle Akteur*innen in die Standortsuche mit einzubeziehen. Festgelegt sind diese Verfahren im Standortauswahlgesetz

Ein Aspekt, der die Beteiligung der Öffentlichkeit besonders stark begleitet, ist die Schaffung von Gerechtigkeit. „Die Gemeinde und Region, die als Endlagerstandort ausgewählt wird, wird auf jeden Fall eine Last tragen, die alle anderen nicht tragen müssen. Das ist ungerecht, sollte aber auch Anerkennung finden”, so Prof. Dr. Ulrich Smeddinck, Senior Researcher der Forschungsgruppe „Endlagerung als soziotechnisches Projekt” am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am Karlsruher Institut für Technologie im Interview.

Neben der Frage nach Gerechtigkeit spielt die Frage der Akzeptanz und die Kommunikation bei der Endlagersuche eine entscheidende Rolle.

„Wenn der Dialog der Wissenschaft mit der Gesellschaft gut funktioniert, dann steigt natürlich auch das Vertrauen in die Wissenschaft und dann steigt auch das Vertrauen in den Prozess der Standortsuche für ein Endlager.”

Dr. Achim Brunnengräber, Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin

Ein weiteres Problem stellte bereits die skeptische Haltung gegenüber Kernenergie in der Vergangenheit dar. Durch die Anti-Atomkraftbewegung wollten die Bürger*innen nicht nur eine Abschaffung der Kernenergie erreichen, sondern die Proteste wurde als geeignetes Mittel der Politik verstanden, nicht als Angriff auf das System an sich, sondern als Meinungsäußerung”, sagt Stephen Milder (PhD), Research Fellow am Rachel Carson Center for Environment and Society in München. 

Die Endlagerung radioaktiver Abfälle kann also nicht nur als geologische sondern gleichermaßen als ethische und politische Herausforderung gesehen werden. Aus diesem Grund erfordert die Thematik eine Beteiligung und Abstimmung verschiedener Akteur*innen. Wie sich diese Interessen vereinen lassen, wird sich in Zukunft zeigen. Sicher ist allerdings: Die Suche nach einem Endlager ist komplex und bedarf der Berücksichtigung verschiedenster wissenschaftlicher, politischer und kommunikativer Aspekte.

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