Kann kultiviertes Fleisch die Fleischbranche nachhaltig verändern? Prof. Dr. Nick Lin-Hi von der Universität Vechta schätzt: Ja, kultiviertes Fleisch werde konventionelles langfristig zu einem guten Teil ersetzen. Dieser Meinung ist auch Dr. Claus Deblitz vom Johann Heinrich von Thünen-Institut. Auch er betont, dass es eine langfristige Vision ist: „Ich glaube nicht, dass es so schnell und disruptiv passiert, wie manche prognostizieren.“ Die Experten sind sich außerdem einig, dass letztendlich vor allem der Preis entscheidet, ob sich das Fleisch aus dem Labor auf dem Markt durchsetzt und weniger ethische Fragen.
Ob Cultured Meat gesundheitliche Vorteile gegenüber konventionellem Fleisch hat, kann noch nicht festgestellt werden. Denn bisher ist das Fleisch aus dem Labor nicht zugelassen, sodass diese Aspekte noch nicht untersucht werden können. „Erst wenn Menschen in großem Umfang Fleisch aus dem Labor verzehren, können langjährige Beobachtungsstudien zu den gesundheitlichen Auswirkungen durchgeführt werden“, erklärt Prof. Dr. Christina Holzapfel vom Institut für Ernährungsmedizin der TU München. Die Ernährungswissenschaftlerin betont aber: Egal ob kultiviertes oder konventionelles Fleisch, unser Fleischkonsum ist zu hoch.
Dr. Florian Fiebelkorn von der Universität Osnabrück erklärt im Interview, dass Bürger*innen in Deutschland Fleisch aus dem Labor offen gegenüberstehen: 58 Prozent der befragten Personen würden einen Burger aus kultiviertem Fleisch probieren. Vor allem Ekel und die Angst vor neuen Lebensmitteln ließen andere Menschen zögern. „Kultiviertes Fleisch ist ein komplett neu kreiertes Lebensmittel und kommt nicht wie Insekten oder Sushi aus einem anderen Kulturkreis. Das macht vielen Menschen einfach Angst, weil sie nicht einschätzen können, wie es hergestellt wird, was es mit ihnen macht oder ob es nachhaltig ist“, erklärt Fiebelkorn. Maßgeblich für den Erfolg von Cultured Meat werden nach Fiebelkorns Einschätzung sowohl Verpackung als auch Vermarktung der Produkte sein.